Häusern nahm dem Handwerker die Kunden weg, so daß der Klein¬ 
betrieb in seinem Bestände ernstlich bedroht erschien. Um dem erbitter¬ 
ten, nach Staatshilfe schreienden Kleingewerbestand so weit als möglich 
entgegenzukommen, kehrte man in Preußen im Jahre 1849 zu einigen 
Bestimmungen des Zunftwesens zurück. Aber die Rückkehr konnte nur 
vorübergehend sein. Im Jahre 1859 vollzog sich der Übergang zur 
Eewerbefreiheit im österreichischen Kaiserstaate, darnach in den Staaten 
des Norddeutschen Bundes, und nach Errichtung des Deutschen Reiches 
wurde sie R e i ch s g e s e tz. 
Die Erhaltung eines gesunden Handwerkerstandes ist eine Pflicht 
der Selbsterhaltung des Staates. Wenn auch die rastlos weiter¬ 
schreitende Entwicklung der Großindustrie und die Aufsaugung vieler 
handwerksmäßiger Betriebe nicht aufgehalten werden kann, so wird 
sich das Handwerk doch dort immer als lebensfähig und lebenskräftig 
erweisen, wo man die Vorteile der Großindustrie zu benutzen versteht 
und sich dem Fabrikbetriebe anzubequemen weiß. Die Großindustrie 
vermag auch nicht alle Gebiete zu beherrschen; gewisse Gewerbe werden 
ihr verschlossen bleiben, namentlich das große Gebiet des Kunstgewerbes. 
Hier wird dem Handwerk auch fernerhin ein dankbares und lohnendes 
Feld seiner Tätigkeit erhalten bleiben. Der Staat vor allem darf 
keine Opfer scheuen, um den Handwerker mit denjenigen technischen und 
kaufmännischen Fähigkeiten auszurüsten, die ihn zu erfolgreichem 
Kampfe ums Dasein geschickt machen. 
12. Abschnitt. 
Der gegenwärtige Stand der deutschen Industrie. 
Die deutsche Industrie hat in den letzten Jahrzehnten einen so 
gewaltigen Aufschwung genommen, daß sie sich mit der der bedeutendsten 
Industriestaaten messen kann. Wohl ist sie im ganzen Reiche ver¬ 
breitet, aber zu ihrer Entwicklung gehören außer Arbeitskraft, Fleiß, 
Zähigkeit und Intelligenz der Arbeiter noch weitere Faktoren, die in 
der Beschaffenheit des Landes begründet liegen. Wie der Ackerbau 
ist auch sie zum Teil an die Scholle gebunden, aus der sie aus¬ 
geübt wird. 
Bodenerzeugnisse und Bodenschätze, die Triebkraft der Gebirgs¬ 
bäche und die Verkehrsadern der Strome stehen in ihrem Dienst. 
Spiritus- und Branntweinbrennereien, Flachsspinnereien undLeinwand- 
webereien, Zuckerfabriken, Meiereien und Gerbereien können am besten 
da angelegt werden, wo man die notwendigen landwirtschaftlichen Roh¬ 
produkte gewinnt. Wo die Natur mit freigebiger Hand Steinkohlen 
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