Full text: Lehrbuch der bayerischen Geschichte

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Bayern unter König Max I Joseph. 
bisherigen Gemahlin und heirathete (2. April 1810) des Kaisers 
Franz I älteste Tochter, Maria Louise, die ihm (20. März 
1811) einen Sohn gebar, dem er den Titel „König von Rom" 
beilegte. 
Auf die Unterstützung Oesterreichs bauend suchte Napoleon 
die Engländer, deren Macht ihm schon lange ein Dorn im 
Auge war, durch Vernichtung ihres Handels zu schwächen und 
ordnete zu diesem Zwecke durch ein Dekret vom 19. Dezember 
1810 die Continental sperre (Verbot aller englischen Manu- 
facturwaaren in den von ihm abhängigen Staaten) an. Bayern 
fügte sich, wies aber sonstige Eingriffe, die Napoleon in seine 
inneren Verhältnisse zu machen suchte (z. B. die Zumuthung der 
Einführung seines Gesetzbuches) klug und fest zurück. Auch von 
Rußland forderte Napoleon die strengste Handelssperre gegen 
England und begann, als ihm Kaiser Alexander nicht will- 
suhr, diesen auf jede Weise zu beleidigen. So kam im Frühjahre 
1812 der russische Krieg zum Ausbruch, der Napoleon 
zwang, seine Kräfte zu theilen, denn während des Kampfes im 
fernsten Nord osten durfte der leicht erregbare Süd westen 
nicht ungedeckt bleiben. Bayern mußte, so schwer es ihm fiel, 
sein Bundescontingent von 30,000 Mann unter dem Oberbefehle 
Frankreichs nach Rußland absenden. 
Die Hauptmasse der Bayern kämpfte als 19. und 20. Di¬ 
vision der großen Armee im sechsten Armeecorps unter dem 
Oberbefehle Gouvions St. Cyr mit Auszeichnung (16., 17., 
18. und 22. August 1812) bei Polotzk an der Düna, wo die 
tapferen Generale Deroy und Sieb ein blieben. Bis zum 
18. Oktober hielt sich Gouvion St. Cyr bei Polotzk, an 
diesem und dem folgenden Tage aber wurde er von den über¬ 
legenen Heeresmassen des russischen Generals Wittgenstein und 
des mit schwedischen Truppen herbeigeeilten Generals Stein heil 
angegriffen. Er behauptete zwar mit den Bayern, die gegen 
sechstausend Mann einbüßten, seine Stellung, aber der General 
Merle, der den schwerverwundeten Gouvion St. Cyr im 
Kommando ablöste, sah sich zur Aufgebung der Stellung ge¬ 
zwungen und zog sich gegen Lukomila an der Ulna zurück, wo 
am 29. Oktober die Vereinigung mit dem von Smolensk sich 
zurückziehenden Marschall Victor erfolgte. Die Bayern unter 
Wrede, nur mehr 2000 Mann stark, waren in südwestlicher
	        
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