Full text: Von Luther bis zum Dreißigjährigen Krieg (Teil 4)

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Triften zahlreiche Herden Ziegen, Schafe und Kühe, und noch weiter 
oben, wo nur niedres Knieholz die unfruchtbaren Berggehünge um¬ 
säumt und nur Beeren und Alpenrosen prangen — da haben das 
Murmelthier und die Gemse ihre Heimat, da nisten die Berg- 
und Schneehühner, da streifen der Marder und der Iltis, da würgt 
der Adler und der Falke, da ist der Schauplatz für des Waidmanns 
Lust und Gefahr. Diese Region ist auch die Geburtsstütte der 
Gletscher, jener unermeßlichen Eisfelder, welche mit ihren unversieg¬ 
baren Quellen die Bäche und Flüsse speisen und so das Tiefland 
bewässern und befruchten. Ganz oben aber ragen aus dem ewigen 
Schnee die Gipfel der Alpen jäh in die Lust, jene schroffen nackten 
Felsengrate und Hörner, an deren steilen Wänden kein Schnee und 
kein Erdreich mehr hastet. Hier ist die Region der starrenden 
Kälte und des Todes, über welche das Sonnenlicht an jedem hellen 
Morgen und Abend sein Purpurgewand wirst. Diesen mannig¬ 
fachen Abstufungen des Bodens und Klimas entspricht auch eine 
große Verschiedenheit in der Ertragsfähigkeit des Landes und in 
der Ernährungsweise der Bevölkerung. Während im Ober-Engadin, 
wo der eisige Winter neun Monate dauert und oft im Hochsommer- 
Schnee fällt, die Viehzucht der einzige Nahrungszweig ist, und die 
junge Kraft der Gebirgsbewohner in die Fremde geht, sitzt in den 
anderen Thälern die Wohlhabenheit in lachenden Fluren und freut 
sich beim eigenen Wein. Wo aber nicht eigner Boden nährt, da 
nährt der Durchzug, mit welchem Verkehr und Reiselust die Straßen 
beleben, oder die Industrie, die in manchen Gegenden besonders 
als Hausindustrie große Ausdehnung gewonnen. 
Unter den Zweigen der volkswirtschaftlichen Thätigkeit spielt 
der Bergbau die geringste Rolle. Ebenso kann der Landbau, durch 
die gebirgige Bodenbeschaffenheit und das rauhe Klima beschränkt, nicht 
die genügende Menge von Getreide liefern. Die Viehzucht dagegen 
steht, durch den Reichtum an fetten Weiden begünstigt, in großer 
Blüte, dennoch reicht sie nicht ganz für den Bedarf, denn die Ein¬ 
fuhr übersteigt die Ausfuhr, sowie auch der Import an Butter und 
Schmalz den Export übertrifft. Dies Mißverhältnis rührt von der 
Fahrikation der Fettkäse her. Hierin nimmt die Schweiz eine aus¬ 
gezeichnete Stellung ein. Die Ausfuhr von Fettkäse beläuft sich 
auf nahezu 400,000 Centner oder 20 Millionen kg. Der berühmteste 
Käse wird im Saanen-, Emmen-, Maderaner- und Urserenthal 
produziert. 
In der Industrie hat sich die Schweiz in neuerer Zeit 
mächtig emporgeschwungen und reiht sich in einzelnen Zweigen den 
ersten Fnbrikländern an; hauptsächlich ist dies in der Baumwoll-, 
Seiden-, Uhren-, Schmuckwaren- und Maschinenindustrie der Fall. 
Die Baumwvllindustrie hat ihren Hauptsitz in den Kantonen Zürich, 
Zug, Glarus, Thurgau; die Musselinfabrikation in Appenzell und 
St. Gallen; die Seidenindustrie in Basel und Zürich. In der 
Uhrensabrikation behaupten insbesondere Genf, La Chaux de Fonds 
Lesebuch s. gewerbl. Fortbildungsschulen. 13
	        
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