Full text: Von Luther bis zum Dreißigjährigen Krieg (Teil 4)

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Noch schärfer schrieb ein vornehmer Beamter des Papstes (Primas) gegen 
Luther. Er nannte ihn einen Aussätzigen, einen bissigen Hund und lehrte. 
Die römische Kirche und ihr Haupt, der Papst, können nicht irren. Daher 
erhält die H. Schrift erst Kraft und Ansehen von der römischen Kirche. Wer 
etwas tadelt, was die römische Kirche thut, z. B. den Ablaßverkaus, der ist ein 
Ketzer. 
Papst Leo X., so wird uns berichtet, hat damals über Luther zweierlei 
Aussprüche gethan. Einmal sagte er: „Bruder Martinus ist ein feiner Kopf, 
und der ganze Ablaßstreit ist nur ein neidisches Gezänk der Mönche." Später 
aber sprach er: „Ein voller trunkener Deutscher, hat die Thesen geschrieben; 
wenn er wieder nüchtern sein wird, wird er anders darüber denken. 
11. Tie Vorladung Luthers nach Nom. 
Als der Ablaßstreit immer ärger wurde, schrieb Luther eine ausführliche 
Erklärung seiner Thesen und schickte sie mit einem langen Brief an Papst 
Leo. In dem Brief hieß es: Ich habe als Doktor der Theologie gegen den 
Ablaßunfug geschrieben und mir damit viele Widersacher gemacht. Darum 
schicke ich Eurer Heiligkeit die Erklärung meiner Sätze, damit ich unter dem 
Schutze Eures Namens desto sicherer sein möchte. Urteilet über mich, wie Euch 
beliebt. Habe ich den Tod verdient, so weigere ich mich nicht zu sterben. 
Nun hielt der Papst die Zeit für gekommen, den kühnen Mönch zum 
Schweigen zu bringen, und beauftragte eine Anzahl feiner Beamten ein Ketzer¬ 
gericht über Luther zu halten. Die Richter beschlossen, Luther nach Rom vor¬ 
zuladen und schickten ihm durch den Bischof von Brandenburg die schriftliche 
Ladung, er solle sich binnen 60 Tagen zur Untersuchung und Aburteilung 
persönlich in Rom stellen. Das geschah im Juli 1518. 
Das hatte Luther nicht erwartet. Sollte er sich stellen? Wenn er sich 
stellte, so war er und seine Sache verloren. Denn, das wußte jedermann, 
Rom glich der Löwenhöhle (in der Fabel), in welche wohl viele Spuren hinein¬ 
gingen, aber keine heraus. Und warum sollte sich Luther so ungerechten 
Richtern stellen, die ihn von vornherein für einen Ketzer hielten ? Darum 
wandte sich Luther auf den Rat seiner Freunde brieflich an feinen Kurfürsten, 
der gerade in Augsburg weilte, wo der Kaiser Maximilian Reichstag hielt. 
Er bat ihn, beim Kaiser und beim Papst auszuwirken, daß feine Sache in 
Deutschland verhandelt würde. Gern trat der Kurfürst für feinen Professor 
und seine Universität ein; war doch die Zahl der Studenten in Wittenberg,
	        
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