Full text: Vaterländische Geschichte

10 
dadurch sein Gewissen beruhigen wollen; denn all das war schon zu Ingel¬ 
heim geschehen. Nun verschwindet Tassilo für immer im Kloster. So 
endete der letzte Herzog der Agilolsinger. 
Wie sah es in Bayern unter der Herrschaft der Agilolsinger aus? 
Die Bajuwarier wohnten noch immer auf einzelnen Höfen, die sie 
sich dort errichteten, wo gerade eine Quelle oder ein Wald zur Ansiedelung 
einluden; auch die halbverfallenen Überreste römischer Städte dienten als 
Wohnsitze. Das Haus war aus Holz gebaut. Mr Klöster wurde» aus 
Stein aufgeführt. Neben dem Wohnhaus, jedoch abgesondert, standen 
Badehaus, Backofen, Küche, Stall und kleinere Wirtschaftsgebäude. Rings 
um dieselben lag Ackerland, das der Besitzer bebaute. Das ganze Gehöft 
wurde von einem Holzzauue umschlossen, der nach seiner gewöhnlichen 
Höhe einem mittelgroßen Manne bis zur Brust reichte. Der Zaun bestand 
aus oben spitzigen Pfählen, die in den Boden eingeschlagen und mit Weiden 
durchflochten waren. Ein auf einen Stab gesteckter Strohwisch warnte, 
wie noch heute, vor dem Betreten eines Weges oder eines Ackers. Die 
meisten unserer Borfahren waren Landleute. Sie bebauten ihre Felder 
mit Getreide und trieben Viehzucht. Wälder wurden ansgereudet (Bäume 
umgehauen); der Boden gab gutes Ackerland. Man pflanzte, namentlich 
bei den Klöstern, Obstbäume und zwar meist Apfel- und Birnbäume und 
legte Weingärten an. Der Wein soll gegen Norden zu gar sauer gewesen 
sein und doch war er ein begehrtes Getränke. In den Forsten gab es noch 
viele wilde Tiere: Bären, Wölfe, Auerochsen, Riesenhirsche. Sie mit 
Hunden zu jagen, war eine Lieblingsbeschäftigung der Männer. Reichen 
Ertrag lieferten die Salzquellen bei Reichenhall. Die Frauen webten 
wollene und leinene Tücher. 
Bayern war zur Zeit der Agilolsinger in keinem guten Ruf. Räuber 
lauerten an den Wegen auf fremde Wanderer; eine Reife durch das Land 
war gefährlich. Die Wege waren schlecht, bis auf die früher vou den 
Römern angelegten. Nur selten führte eine hölzerne Brücke über einen 
Fluß; man mußte an einer seichten Stelle (Furt) das andere Ufer ge¬ 
winnen. Es war ein geringer Berkehr und wenig Handel int Lande. Das 
fremde (fränkische) Geld war selten; man tauschte Waren gegen Waren. 
Die Bajuwarier bestatteten ihre Toten in die Erde. Sie wurden 
aus ein Brett gelegt und in das Grab gesenkt. Die früher übliche Ver¬ 
brennung der Leichen war um diese Zeit schon abgeschafft. 
Obgleich das Volk recht wenig gelehrt gewesen sein mag, so muß 
doch schon außer bei den Geistlichen auch bei den Höhergestellten das Schreiben 
geübt worden sein. Es gibt schon schriftliche Verträge beim An- oder Ver¬ 
kauf von Grundbesitz. Jener Zeit entstammt auch das Wessobrunner 
Gebet, eines der ältesten Denkmäler unserer deutschen Sprache. Es wurde 
im Kloster Wessobrunn am Fuße des Peißenberges in Oberbayern auf-No full text available for this image
	        
No full text available for this image
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.