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sorgen habe, die besitzlosen aber zur Strafe öffentlich ausgepeitscht werden sollten.
Sein Nachfolger Theodat, der einen jüdischen Magiker hatte, zu dessen trüger¬
ischer Kunst er in der Noth seine Zuflucht nahm, behandelte die Juden ebenfallls
mit Schonung. Kein Wunder, dass sie den Gothen mit Liebe zugethan waren
und in den Tagen der Gefahr Beweise ihrer Anhänglichkeit lieferten. Als näm¬
lich Justinian die ostgothische Herrschaft stürzen wollte und seinen berühmten
Feldherrn Belisar mit einem Heere nach Italien sandte, verpflichteten sich die
Juden in Neapel, die Stadt zu verproviantiren und in Gemeinschaft mit den
Gothen zu vertheidigen. Sie kämpften mit Löwenmuth und hielten den ihrer
Vertheidigung übergebenen Stadttheil auch dann noch, als bereits die ganze
übrige Stadt durch List in Feindeshand gekommen war. Hire Tapferkeit hatte
keinen Erfolg, sie unterlagen und fielen dem Fanatismus zum Opfer (536).
Die Juden Italiens kamen nun unter die Botmässigkeit des grausamen
Justinian, der ihnen nicht allein ihre frühem Rechte nahm und sie von allen
Aemtern und Würden ausschloss, sondern sie auch in der Ausübung ihrer Religion
beschränkte und ihnen den Unterricht ihrer Kinder im jüdischen Gesetze unter¬
sagte. Besser erging es ihnen unter den Longobarden, welche, Arianer, wie die
Ostgothen sich duldsam zeigten. Auch nachdem die Longobarden zum Katholicismus
übergetreten waren, wurden die Juden in ihren Rechten nicht beeinträchtigt,
denn die Päpste damaliger Zeit, vor allen Gregor der Grosse (600), waren mild
und gerecht gegen sie.
Ein dauerndes Reich hatten die Westgothen in Spanien gegründet. Hier
wohnten die Juden seit Jahrhunderten in grosser Anzahl und erfreuten sich all¬
gemeiner Beliebtheit, sodass viele Christen ihre Feldfrüchte nicht von den Geist¬
lichen, sondern von den Juden einsegnen Hessen, den Sabbat statt des Sonntags
und das Pessachfest feierten. Unter den Westgothen lebten die Juden in glück¬
licher Ruhe; sie genossen bürgerliche und politische Gleichheit, völlige Religions¬
freiheit und zeichneten sich durch Kenntnisse ebensowol wie durch Muth und
Tapferkeit aus.
Wesentlich anders gestaltete sich ihre Lage als der König Reccared auf
der Kirchenversammlung zu Toledo das arianische mit dem katholischen Bekennt-
niss vertauschte und die Geistlichkeit zur Herrschaft gelangte. Reccared verbot
ihnen, Ehen mit Christen einzugehen, christliche Sklaven zu erwerben und öffent¬
liche Aemter zu bekleiden (590). Die Unduldsamkeit artete bald in grausame
Verfolgung aus und zwar unter Sisebut, der, ein Zeitgenosse des Kaisers
Heraklius, den Befehl erliess, dass sämmtliche Juden des Reiches binnen Jahres¬
frist die Taufe nehmen oder auswandern sollten; die Zahl der mit Gewalt Ge¬
tauften soll eine sehr grosse gewesen sein (612). Viele Juden entzogen sich der
Verfolgung durch die Flucht über die Pyrenäen, wo ihnen unter dem Franken¬
könige Dagobert, der die Juden seines Landes ebenfalls zur Annahme des
Christenthums zwang, neue Leiden bereitet wurden; viele bekannten sich zum
Schein zum Christenthum. Diese Zwangstäuflinge hörten nie auf, die jüdischen
Gebräuche zu üben; aber unter den Königen Receswinth und Wamba(652—680)
wurden auch diese Scheinchristen grausam verfolgt und alle diejenigen mit dem
Tode bestraft, welche nach den jüdischen Gesetzen lebten. Die Könige Erwig