Full text: Erstes Lesebuch für die Mittelstufe (Teil 3, [Schülerband])

3. Bei Arbeit und Spiel. 
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Terne sparen! 
32. Sparsam ist nicht geizig. 
Zwei Einwohner eines abgebrannten Dorfes gingen von Ort zu Ort, 
um milde Gaben für dasselbe einzusammeln. Da kamen sie zu einem 
großen Bauernhofe, wo der Bauer eben vor der Tür stand. Er ver— 
wies es einem Knechte ernsthaft, daß er die Stricke, woran die Ochsen ge— 
spannt waren, übernacht im Regen gelassen habe und die Sachen nicht 
besser verwahre. Da sie dies von weitem hörten, sagte einer zum andern: 
„O weh, dieser Mann ist geizig; da wird's nicht viel geben!“ Als sie 
näher kamen, wurden sie von dem Bauer ganz freundlich empfangen und 
ins Haus geführt. Sie erzählten ihm nun ihr Unglück. Der Bauer ließ 
ihnen darauf zu essen geben, schenkte ihnen ein schönes Stück Geld und 
versprach, noch zwei Fuhren Saatkorn in das verunglückte Dorf zu 
schicken. Die Männer verwunderten sich sehr über seine Wohltätigkeit. 
Sie gestanden während des Essens freimütig, daß sie ihn am Anfange 
für geizig gehalten hätten, weil er dem Knechte wegen einer solchen 
Kleinigkeit einen harten Verweis gegeben habe. 
„Liebe Freunde,“ antwortete der Bauer, „eben deswegen, weil ich 
sparsam bin, bleibt mir so viel übrig, daß ich Notleidenden helfen kann.“ 
Thieme. 
Spare am rechten Ort und zur rechten Zeit! — Babe immer 
etwas übrig für Votleidende! 
33. Der Hufnagel. 
Wer im einen nicht Sorge trägt, mub im groben Schaden 
leiden. — Das erfuhr einst ein Kaufherr, der um eines schlechten 
Nagels willen ein schönes Rob verlor. Dieser ritt von dem Markte 
nach seiner Heimat zurũck, wohl bepackt mit Geld und Geldsorgen. 
In einem Städtchen hielt er Mitfag. Als der Knecht ihm sein 
Pferd vorfũhrte, sagte dieser: „Herr, es fehlt dem Rosse ein Nagel 
am Hufeisen des linken Hinterfubes.“ — „Ei was!“ sagte der Kauf- 
herr, „Nagel hin, Nagel her! Die sechs Stunden, die ich noch 
zu machen habe, wird das Eisen wohl noch halten. Ich habe LEile!“ 
Und damit ritt er fort. Nach etlichen Stunden, als er wieder 
einkehrte und dem Rosse Brot geben lieb, kam der Knecht in die 
Stube und sagte: „Herr, es fehlt Eurem Pferde ein Hufeisen am 
linken Hinterfube; soll ich's wohll zum Schmiede führen?“ — „Im!““ 
sagte der Kaufherr, „Hufeisen hin, Hufeisen her! Die paar Stunden, 
die ieh noch zu machen habe, wird das Pferd wohl aushalten. 
F. Hirts Deutsches Lesebuch. Ausg. B. 111. 
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