Full text: Preußens Geschichte in Wort und Bild

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durch Napoleon gänzlich aus ihren Fugen gebracht waren, von neuem 
zu ordnen. Den Mittelpunkt aller Verhandlungen bildeten die deutschen 
Angelegenheiten. Die beiden deutschen Großmächte Oesterreich und 
Preußen mußten möglichst wieder zu großer Bedeutung erhoben werden. 
Auch für die übrigen deutschen Länder wurde der Grundsatz sestgehalten, 
daß sie mindestens in dem Umsange verbleiben sollten, den sie zufolge 
des Luneviller Friedens inne gehabt hatten. Nur das Königreich Sachsen 
wurde von Rußland und Preußen als ein erobertes Land betrachtet, 
welches zur Entschädigung für die Sieger benutzt werden könne, weil sein 
König au dem Bunde mit Napoleon bis zu dessen Vertreibung aus 
Deutschland sestgehalten hatte. -Da Alexander ganz Polen zu haben 
wünschte, so sollte Friedrich Wilhelm als Entschädigung Sachsen erhalten. 
Dagegen erhoben sich aber Oesterreich, England und Frankreich, und es 
kam so weit, daß diese drei Staaten im Januar 1815 heimlich ein 
Schutz- und Trutzbündnis gegen Rußland und Preußen schlossen, und 
der Ausbruch eines Krieges nahe bevorstand. Die Rückkehr Napoleon's 
von Elba brachte aber schnell die Einigkeit zurück. Mau einigte sich 
am 10. Februar dahin, daß Sachsen und Polen getheilt werden sollten, 
Preußen aber sollte noch anderweitig in Deutschland Entschädigungen er¬ 
halten. So bekam Preußen den größeren, aber schwächer bevölkerten 
Theil von Sachsen, welcher seinen Provinzen am nächsten lag; das 
übrige Gebiet mit Dresden und Leipzig wurde dem Könige Friedrich 
August zurückgegeben. Außerdem erhielt Preußen von dem Großherzog¬ 
thum Warschau die heutige Provinz Posen mit Danzig und Thorn, 
während das übrige Großherzogthnm zu einem mit Rußland verbundenen 
Königreiche Polen erhoben ward. Außer den Abtretungen in Polen hatte 
aber Preußen Anspach und Bayreuth an Bayern, das wichtige Ost¬ 
sriesland nebst Hildesheim, Goslar und Singen an Hannover 
überlassen. Dafür erhielt es das Herzogthum Westfalen nebst Corvey 
und Dortmund und das Sie gen er Land, den größten Theil der 
jetzigen Rheiuproviuz und endlich schwedisch - Vorpommern nebst 
Rügen für das an Dänemark überlassene Lauenburg. Trotz dieser be¬ 
deutenden Erwerbungen blieb jedoch der äußere Umfang des preußischen 
Staates hinter dem von 1795 und 1806 zurück. Was aber anZ Land 
eingebüßt wurde, wurde an Deutschthum gewonnen; unter allen Staaten 
hatte jetzt Preußen die meisten Unterthanen deutscher Zunge (14 Millionen). 
Sein Ländergebiet reichte, wenn auch von anderen deutschen Ländern, 
namentlich Hannover, unterbrochen, quer durch Deutschland von den 
Grenzen Rußlands bis zur französischen Grenze, und damit siel ihm die 
natürliche Aufgabe zu, nach Ost und West fortan Deutschlands Hüter 
und Schild zu sein uud für des gemeinsamen Vaterlandes Schutz und 
Ehre sich stets wach und gerüstet zu halten. 
8. Das alte deutsche Reich wurde nicht wieder aufgerichtet, da 
Oesterreich sehr wenig geneigt war, die Kaiserkrone sich wieder auf's 
Haupt zu setzen, aber sie auch nicht an Preußen gelangen lassen wollte. 
Es blieb nur übrig, einen Staatenbnnd zu bilden, und durch die 
deutsche Buudesakte vom 8. Juni 1815 traten die 38 deutschen 
Staaten zu einem unauflöslichen deutschen Bunde zur Erhaltung der
	        
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