Full text: Preußens Geschichte in Wort und Bild

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bader Beschlüssen, berief Metternich 1819 eine Ministerkonferenz nach 
Wien, welche am 15. Mai 1820 die Wiener Schlußakte zu Stande 
brachte. In dieser wurde den landsländischen Verfassungen in den Einzel¬ 
staaten nur in beschränktem Maße eine Mitwirkung an der Regierung 
zugestanden, die gesammte Staatsgewalt aber dem Oberhaupte des Staates 
zugesprochen. 
3. Unter solchen Verhältnissen gelangte auch Preußen noch nicht 
zu der 1815 verheißenen Verfassung, doch that Friedrich Wilhelm da¬ 
durch den ersten Schritt zur Einführung einer Volksvertretung, daß er 
am 5. Juni 1823 die Provinzialstände einführte. Diese waren zur 
Hälfte aus den Rittergutsbesitzern, dem ersten Stande, zur Hälfte 
aus dem Stande der Städter und dem der Bauern gewählt. 
Sie erhielten das Recht, über die Gesetzentwürfe, welche ihre Provinzen 
angingen, zu berathen und ihr Gutachten darüber abzugeben. In Preußen 
war damit das Volk im Großen und Ganzen beruhigt, und so ging 
auch 1830 die Iulirevolution, durch welche die'Bourbonen in Frank¬ 
reich entthront und der Herzog von Orleans, Ludwig Philipp, als Bürger¬ 
könig der Franzosen berufen wurde, spurlos an Preußen vorüber, während 
sie in vielen anderen Staaten Deutschlands große Aufregung hervorrief. 
4. In landesväterlicher Fürsorge richtete Friedrich Wilhelm sein 
Augenmerk aus die Verwaltung seines Landes. Der neu hergestellte 
preußische Staat wurde in acht Provinzen eingetheilt, jede Provinz 
wieder in zwei oder mehrere Regierungsbezirke, jeder Regierungsbezirk 
in Landrathskreise. Jede Provinz wird seitdem von einen: Ober- 
präsidenten, jeder Regierungsbezirk von einer Regierung mit mehreren 
Abtheilungen für die verschiedenen Zweige der Verwaltung, jeder Kreis 
von einem Landrath geleitet. Für die Leitung der höheren Lehranstalten 
wurde in jeder Provinz unter dem Oberpräsidenten ein Provinzial- 
Schul-Kollegium errichtet und die öffentliche Gesundheitspflege dem 
Medicinal - Kollegium übertragen. Die inneren Angelegenheiten der 
evangelischen Kirche wurden den Konsistorien anvertraut. 
5. Die Militärversassung verblieb mit geringen Verbesserungen 
ans der von Scharnhorst eingerichteten Grundlage der allgemeinen 
Wehrpflicht. Die Kriegsmacht zerfällt in das stehende Heer, die 
Landwehr und den Landsturm. Nach zurückgelegtem 20. Lebensjahre 
wird jeder Preuße dienstpflichtig. Er dient, falls er diensttüchtig ist, drei 
Jahre in der Linie, dann 4 Jahre in der Reserve und bis zum 32. Jahre 
in der Landwehr. Bei einem feindlichen Einfall wird der Landsturm 
aufgeboten, der die Mannschaften vom 17.—42. Jahre umfaßt, insofern 
sie nicht bei der Linie oder Landwehr dienen. 
6. Die ausgezeichnete Finanzverwaltung unter Friedrich Wilhelm 
war nicht nur eifrig darauf bedacht, die in den Jahren von 1806 bis 
1815 entstandene große Schuldenlast zu tilgen, sondern auch neben 
den für das Heerwesen nöthigen Kosten für alle Zweige der inneren 
Verwaltung bedeutende Summen zu erübrigen. Für Hebung des Land¬ 
baues, der Gewerbe und des Verkehrs geschah viel. Chausseen wurden 
gebaut, Postverbiudungen wurden vermehrt; auch begann man mit dem 
Ban der Eisenbahnen. Vornehmlich nahmen aber Handel und Verkehr
	        
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