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einen bedeutenden Aufschwung, als der König im Jahre 1833 den
deutschen Zollverein mit dem größten Theile der deutschen Staaten,
außer Oesterreich, Hannover, Braunschweig und den Hansestädten, ab¬
schloß. Dadurch fielen die Zollschranken zwischen den Zollvereinsstaaten,
und die Industrie wurde lebhaft gefördert; zugleich aber war auch durch
den Zollverein der erste Schritt zu Deutschlands Einigung gethan.
7. Auch für die geistige Bildung seines Volkes bekundete Friedrich
Wilhelm thätige Fürsorge. Seit 1817 hatte er die höhere Schulverwal¬
tung einem besonderen Ministerium „der geistlichen, Unterrichts- und
Medicinalangelegenheiten" übertragen, und durch die kluge Verwaltung
des Ministers von Altenstein wurde dem Unterrichtswesen Preußens so
große Achtung verschafft, daß aus allen Staaten Europas Männer ab¬
gesandt wurden, dasselbe kennen zu lernen. Die Universitäten Halle und
Wittenberg wurden 1817 in Halle vereinigt, 1818 wurde die Universität
Bonn gegründet. Neben den Gymnasien wurden auch Realschulen errichtet.
Der Volksunterricht wurde durch scharfe Durchführung der allge¬
meinen Schulpslichtigkeit und durch Einrichtung von Schullehrer-
Seminaren gehoben.
8. In den kirchlichen Angelegenheiten war der König frommen
Sinnes bemüht, wahre und ungeheuchelte Gottesfurcht zu kräftigen und
zu pflegen. Ihm gelang auch das Werk, an dem sich seine Vorfahren
vergeblich abgemüht hatten: die Spaltung zwischen Lutheranern und Re-
formirten zu schließen. Bei der dritten Jubelfeier der Reformation 1817
führte er durch einen Kabinetsbefehl die Union ein, welche die beiden
Konfessionen zur „evangelischen Landeskirche" vereinigte. Der König selbst
arbeitete eine Agende für die gottesdienstliche Ordnung aus, gegen welche
aber einige lutherische Gemeinden, namentlich in Schlesien, Widerspruch
erhoben und sogenannte „altlutherische Gemeinden" bildeten. Den katho¬
lischen Geistlichen räumte er großen Einfluß auf seine katholischen Unter¬
thanen ein. Als sie aber ihre Stellung mißbrauchten, ja sogar betreffs
der gemischten Ehen zwischen Protestanten und Katholiken die Rechte der
Evangelischen und des Staates verletzten und das Volk am Rhein und
in Posen gegen die Regierung aufhetzten, da ließ der König die unge¬
horsamen Erzbischöfe von Köln (v. Droste-Vischering) 1837 und von
Posen (Martin Dun in) 1839 verhaften und auf die Festung als Staats¬
gefangene bringen, Verfolgten Protestanten öffnete der König sein Land:
im Jahre 1837 nahm er die in Tyrol wegen ihres Glaubens bedrückten
Zillerthaler auf und siedelte sie in Erdmannsdorf in Schlesien an.
9. Bis an seinen Tod hat König Friedrich Wilhelm die Liebe seiner
Unterthanen in reichem Maße besessen. Der Grundzug seines Wesens
war echte Gottesfurcht und wahre Herzensdemuth. Als ihm einst ein
Lehrplan vorgelegt wurde, wo der Religion nur nebenbei Erwähnung
geschah, sagte er unwillig: „Ei, ei, doch der Religion auch noch so bei¬
läufig ein Kompliment gemacht; damit läßt sie sich aber nicht abfinden.
Muß die belebende Seele des Ganzen werden, wenn was Tüchtiges
draus werden soll." In seiner äußeren Erscheinung war bei aller Ein¬
fachheit Hoheit und Würde nicht zu verkennen. Seine gewöhnliche Klei¬
dung war ein schmuckloser schwarzer Jnsanterierock und eine einfache