Dieser hatte schon am 9. Februar 1860 dem Landtage ein Gesetz vor¬
gelegt, durch welches die Dienstpflicht im Heere erhöht, die Kudres der
Garde- und Linieninfanterie von 136 auf 253 Bataillone vermehrt nnd
18 neue Kavallerieregimenter geschaffen werden sollten. Der Widerspruch
des Abgeordnetenhauses veranlaßte den König, das Gesetz zurückzuziehen
und sich mit einer außerordentlichen Bewilligung von 9 Millionen Thalern
zu genügen, um das Heer in erhöhter Kriegsbereitschaft zu halten. Als
aber von der Majorität des Landtages, der demokratischen Fortschritts¬
partei, in der Folgezeit hartnäckig jede Bewilligung der Mittel zur voll¬
ständigen Durchführung der Reorganisation verweigert wurde, so löste
der König im März 1862 das Abgeordnetenhaus auf, uud au Stelle des
Ministeriums Schwerin trat das Ministerium Hohenlohe-Jngelfingen.
Bei den Neuwahlen zum Abgeordnetenhause gewann aber die Fortschritts¬
partei noch entschiedeneres lleber-
gewicht, und so trat das neue
Abgeordnetenhaus in entschie¬
denen Gegensatz gegen die bis¬
herige Durchführung der neuen
Heereseinrichtung überhaupt. Im
September 1862 verweigerte es
alle Ausgabe» für dieselbe. Aber
das Herrenhaus versagte dem Be¬
schlusse des Abgeordnetenhauses
seine Zustimmung, uud es kam
deshalb für das Jahr 1862 zu
keinem Staatshaushaltsgesetze.
So war nun aus der Militär*
frage ein Verfassungsstreit
entstanden; denn der Forderung
der Verfassung, daß für jedes
Jahr ein Staatshaushaltsgesetz
festgestellt werden solle, konnte
nicht genügt werden. Da der
Prinz Hohenlohe wegen Krank-
(Dtto von Bi-m°rck-Schönhau,°n. |)cit, ^ wünsch,-,
1 ' so berief der König im Herbste
1862 einen Mann von der durchgreifendsten Energie an die Spitze
des Ministeriums, Otto von Bism arck-Schönhaufen*), bisherigen
Bundesheeres bei der Kriegserklärung Frankreichs 1870 ist vorzugsweise fein Werk.
Am 16. Juni 1871 wurde er von Kaiser Wilhelm in den erblichen Grafenstand
erhoben, und 1873 erfolgte feine Ernennung zum Generalseldmarfchall. Als geo¬
graphischer und militärischer Schriftsteller hat er sich frühzeitig bekannt gemacht. Er
starb 1870 am 23. Februar.
*) Otto Eduard Leopold von Bismarck wurde am 1. April 1815 aus dem
Stammsitz Schönhaufen in der Altmark geboren. Er besuchte die Plamann'fche
Anstalt und das Friedrich-Wilhelm's Gymnasium zu Berlin und studirte zu Heidel¬
berg uud Göttingdit die Rechtswissenschaften. Seit 1835 arbeitete er als Auskultator
beim Berliner Stadtgericht, trat aber im folgenden Jahr aus der Justiz in die