es Mittag geworden. Keine Anstrengung, keine Tapferkeit hatte ge¬
holfen. Wenn auch einzelne Positionen der Oesterreicher genommen
waren, die Höhen konnten wegen des furchtbaren Artilleriefeuers nicht
gewonnen werden. Da endlich erschien Hülfe. Um 2 Uhr traf die
Meldung ein, der Kronprinz sei da und befinde sich schon im Kampfe.
Jetzt stürmte die Garde die Höhen von Chlum, den Schlüssel der feind¬
lichen Stellung, und um 3 Uhr gelang es auch den Kriegern Friedrich
Karl's, den Wald von Sadowa und die Höhen von Lipa mit stür¬
mender Hand zu nehmen. In wilder Verwirrung lösten sich nun die
Reihen der Feinde aus; und als sich König Wilhelm zur Verfolgung der
Feinde an die Spitze seiner Reiterei setzte, da stürzte alles fliehend auf
Königgrätz zu. Die einbrechende Dunkelheit erst machte der Verfolgung
ein Ende. Um 8 Uhr trafen sich der König und der Kronprinz auf
den Höhen von Chlum. Sie sanken sich in die Arme, und der König
schmückte die Brust seines Sohnes mit dem Orden pour le merite. Der
Sieg war theuer erkauft. 10,000 tobte oder verwundete Preußen be¬
deckten das Schlachtselb; die Oesterreicher ließen aber außer 11 Fahnen
174 Geschütze und 18,000 Gefangene in den Händen der Sieger, nnd
mehr als 20,000 waren gefallen oder verwundet.
7. Die Niederlage bei Königgrätz war ein erschütternder Schlag
für die österreichische Armee. Die ganze große Armee unter Benedek
war zertrümmert, säst vernichtet; nur wenige Trümmer derselben wurden
nach Olmütz gerettet. Vergebens versuchte Kaiser Franz Joseph durch
Gableuz, der zweimal in's preußische Hauptquartier geschickt wurde, einen
Waffenstillstand zu erlangen. König Wilhelm ging darauf um so weniger
ein, als die überraschende Nachricht eintraf, daß Oesterreich Venetien an
den Kaiser Napoleon III. abgetreten habe. Während nämlich die deutschen
Großmächte in Böhmen die Zukunft Deutschlands entschieden, hatte
Italien auf Grund seines Bündnisses mit Preußen an Oesterreich den
Krieg erklärt. Die Waffen Oesterreichs waren hier glücklich gewesen.
Bei Cnstozza (24. Juni) hatte Erzherzog Albrecht den italienischen
General Lamarmora auf's Haupt geschlagen. Gleichwohl gab jetzt
Oesterreich Venetien auf. Indem es dasselbe an Napoleon abtrat, hoffte
es entweder diesen selber zur unmittelbaren Theilnahme am Kriege gegen
Preußen mit fortzureißen, oder wenigstens durch seine Vermittelung den
Feinb in Italien los zn werben. Aber Weber bas Eine noch bas An¬
bete trat ein. Napoleon beschränkte sich auf eine vermittelnd Thätigkeit;
er bot Venetien betn Könige Victor Emannel an, dieser aber wies bas
Geschenk zurück. So nahm auch ber Krieg in Italien seinen Fortgang;
boch würbe er von nun an mit weniger Nachdruck geführt, unb Oesterreich
konnte wenigstens einen Theil seiner Regimenter vom Po an bie Donau
ziehen. Der Erzherzog Albrecht würbe an Benebek's Stelle gesetzt.
8. Wien zitterte vor ben unaufhaltsam heranrücEenben Preußen,
bie Prag (8. Juli) unb Brünn (12. Juli) besetzten, bei Tobitschau
(15.) eine große österreichische Heeresabtheilung schlugen unb nach Un¬
garn hineinbrängten. Friebrich Karl überschritt die March, und
Herwarth v. Bittenfeld rückte vom Nord westen aus gerade aus Wien
los, von welchem er nur noch durch die Donau und die Florisdorfer
Schumann u.^jeinje, Preußens Geschichte. 12