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in Schwung. (Merkantilsystem.) Auch wollte er Brandenburg zu einer
Seemacht erheben. Er ließ eine Flotte bauen, die im Seekriege gegen
Spanien, das dem Kurfürsten noch Hülfsgelder schuldete, glücklich war
und aus der Goldküste in Guinea (1683) die brandenburgische Nieder¬
lassung Großfriedrichsburg gründete, welche jedoch unter Friedrich Wilhelm I.
an Holland verkauft wurde.
15. Unter seiner Regierung brachen aber auch die Streitigkeiten
zwischen den Lutheranern und Resormirten mit neuer Heftigkeit aus. Die
Geistlichen beider Parteien feindeten sich öffentlich auf den Kanzeln an, so
daß der Kurfürst, um dies gehässige Treiben zu unterdrücken, die Geist¬
lichen, wenn sie nicht vom Amte entfernt werden wollten, in einem Revers
versprechen ließ, alle Zänkereien in den Predigten zu vermeiden. Der
lutherische Geistliche und bekannte Liederdichter Paul Gerhardt weigerte
sich aber, einen solchen Revers auszustellen und legte deshalb, obgleich
er auch ohne Revers bleiben konnte (1667), sein Amt in Berlin nieder.
16. Im Jahre 1667 verlor der Kurfürst durch den Tod feine erste
Gemahlin, die fromme und kluge Luise Henriette von Oranien, deren Wohl¬
thätigkeitssinn das Waisenhaus zu Oranienburg gründete. Er vermißte noch
in später Zeit schmerzlich ihren treuen Rath, vermählte sich aber (1668) zum
zweiten Male mit Dorothea von Holstein-Glücksburg, der verwitweten
Herzogin von Lüneburg. Seit aber aus beiden Ehen Kinder vorhanden
waren, herrschte im kurfürstlichen Hanse oft Unfrieden und Eifersucht.
Dorothea behandelte ihre Stiefsöhne mit gebührender Achtung und war-
weit entfernt, sie zu hassen, wie ihr so oft vorgeworfen wurde, gleichwohl
strebte sie dahin, ihre eigenen Kinder so gut wie möglich zu versorgen. Das
verdroß vor allen den Kurprinzen Friedrich, und als der große Kurfürst
sich verleiten ließ, gegen das Achilleische Hausgesetz den Söhnen zweiter Ehe
(1686), den „Markgrafen", testamentarisch brandenburgische Landestheile
zu vermachen, entstand zwischen Vater und Sohn Unfrieden. Der Kurprinz
suchte darum die engste Verbindung mit dem Kaiser, der die dereinstige
Ausführung des Testaments verhindern konnte, und über die rechtlichen
Ansprüche seines Hauses mangelhaft unterrichtet, ließ er sich zu dem ge¬
heimen Versprechen verleiten, bei Antritt seiner Regierung das Land
Schwiebus wieder an den Kaiser abzutreten.
17. In der letzten Zeit seines Lebens war der Kurfürst körperlich
sehr leidend, die Strapazen im Felde hatten ihn gichtifch gemacht, und seit
Anfang des Jahres 1688 litt er an der Wassersucht. Als er sein Ende
herannahen fühlte, beschied er seine Familie und seine Räthe zu sich, nahm
von ihnen Abschied mit herzlichen Worten uud treu gemeinten Ermahnungen
und starb am 29. April mit den Worten: „Ich weiß, daß mein Erlöser
le.bt, und der wird mich hernach aus der Erde auserwecken." Kurfürst
Friedrich Wilhelm gehört zu den bedeutendsten Männern seines Jahr¬
hunderts, und es ist ihm gelungen, die brandenburgischen Länder, die er
verwüstet und ohnmächtig überkam, zu einem einigen ausblühenden starken
Staate zu machen, dem er schon die Aufgabe setzte, Deutschland und den
Protestantismus zu schützen, so daß er mit Recht der Große heißt; denn
er hat viel gethan.