fullscreen: Vaterländisches Lesebuch für untere und mittlere Klassen höherer Lehranstalten

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die sie an einem verzierten Bügel am Halse (ragen, von dem Schalle 
der langen, hölzernen Schalmeien, welche die Hirten lustig blasen, und 
dem fröhlichen Gesänge von Mann und Weib, Kind und Gesind, welche 
den Zug nach dem Hochgebirge begleiten. Hier bleiben sie nun vierzehn 
bis fünfzehn Wochen, und den Kühen mag es bei dem duftigen Grase 
und Kraute der Wiesen und in der frischen, freien Bergesluft gar wohl 
gefallen. Zum Danke geben sie ihren Führern Tag für Tag die treff¬ 
lichste Milch, und diese haben vollauf zu thun, daraus Butter und Käse 
zu bereiten, die sie teils selber verbrauchen, teils an die Leute im Thäte 
verkaufen. Besonders schön sind die runden Koppenkäse, denen etwas 
Majoran, Thymian, Bergsalbei rc. beigemischt wird. 
Aber die gute Zeit ist nur zu bald vorüber. Schon der Herbst 
bringt sehr frühe Frost und Schneegestöber, und im Winter werden die 
Bauden oft ganz eingeschneit, so daß die Leute nicht durch Thür und Fenster 
aus dem Hause können, sondern sich durch die Dachluken oder den Schorn¬ 
stein mit Schaufel und Spaten einen Ausweg suchen müssen. Von den 
Thalbewohnern sind sie Wochen, ja Monate lang wie abgeschnitten. Die 
Richtung der gewöhnlichen Wege wird durch aufgesteckte lange Stangen 
bezeichnet. Wenn eins von der Familie in dieser Zeit stirbt, muß man 
die Leiche im Schnee aufbewahren, bis das Tauwetter es möglich 
macht, sie in das Thal auf den Kirchhof zu bringen. 
Manchmal bringt der Schnee auch Schneestürze (Lawinen), doch 
nicht so häufig und nicht so schrecklich wie in den Alpen. Die Leute 
wissen übrigens aus langer Erfahrung die Stellen an den steilen Ab¬ 
hängen, wo solche Schneestürze am meisten vorkommen, und hüten sich, 
an solchen Stetten sich anzubauen. Ein Hauptvergnügen ist für groß 
und klein in der Winterzeit, auf kleinen Handschlitten die steilen Berg¬ 
abhänge hinabzufahren; aber wer sich nicht aufs Lenken versteht mit 
Hand und Fuß und nicht ein wenig Mut hat, der soll solche kühnen, 
schnellen Fahrten wohl bleiben lassen oder wird sie übel bezahlen 
müssen. 
Im Sommer ist das Wetter im Gebirge äußerst wechselhaft; bald 
der heiterste Sonnenschein, auf einmal Stürme von Nord und Süd, 
daß einem Hören und Sehen vergeht; dann plötzliche Nebelwolken, die, 
vom Winde in jäher Eile und mit schauerlichem Sausen dahergetrieben, 
alles bis auf die Gipfel in einen dichten Schleier hüllen, und auf ein¬ 
mal zerreißt der Schleier, und an einer Stelle blickt die Sonne freund¬ 
lich hindurch; jetzt alles ruhig und klar, und ehe man sich's versieht, die 
heftigsten Regengüsse oder Gewitter mit furchtbarem Donner und Blitz, 
die in dem Gebirge und auf den Höhen noch ganz anders hausen als
	        
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