Full text: Thüringer Sagen und Nibelungensage (Teil 1)

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Übersicht. 
HI.*) 1. Von welchen „deutschen Männern und Frauen" haben wir 
denn nun gesprochen? — Zusammenstellung in chronologischer Reihenfolge. 
2. In zwei verschiedenen Zeiten haben wir Thüringer kennen gelernt. 
— 1. Thüringens Vorzeit (heidnisch, Königreich, um das Jahr 500, 
innere Zwistigkeiten, äußere Feinde, Untergang des Königreichs, Verlust 
der Selbständigkeit, die nördliche Hälfte fällt an Sachsen, die südliche 
an das Königreich Franken). 2. Die Landgrafenzeit (Ludwig der Springer 
um 1070, Ludwig der Eiserne, der Sängerkrieg 1207, Ludwig und 
Elisabeth 1227; Teil des deutschen Reichs, innere Ordnung, christlich). 
3. Wie steht es jetzt mit Thüringen? (Diese Frage paßt natürlich nur 
für die Schulen, denen das jetzige Thüringen nicht ein völlig fremder 
Begriff ist.) — Ein Reich Thüringen giebt es nicht mehr, es giebt 
weder ein Königreich noch eine Landgrafschaft dieses Namens, sondern 
der Name Thüringen wird nur noch von der Landschaft, in welcher jene 
Reiche lagen, gebraucht. Dieselbe ist durch ihre Schönheit (Wartburg, 
Reinhartsbrunn etc.) berühmt und wird jährlich von vielen Fremden 
besucht. In ihr liegt das Reich unseres Großherzogs Carl Alexander: 
das Großherzogthum Sachsen etc., soweit die politische Geographie von 
Thüringen bekannt ist. Geht, wie ich es für richtig halte, die Geographie 
von Thüringen neben unfern Sagen begleitend her, so wird hier Ge¬ 
legenheit sein, die politische Geographie Thüringens zu besprechen. 
Aber die Thüringer Länder sind auch jetzt noch deutsche Länder 
und gehören zu dem Kaiserreich Deutschland, welches Wilhelm II. be¬ 
herrscht. 
4. Das Reich Thüringen ist nicht mehr vorhanden, aber auch anderes 
hat sich völlig verändert. — Die Einzelwohnungen sind nur noch Aus¬ 
nahmen, die Leute wohnen jetzt in Städten und vielen Dörfern eng bei 
einander. Ferner sind die Burgen verschwunden, nur hie und da sieht 
man noch eine Ruine aus einem Berge, welche mehr und mehr zerfällt, 
es müßte denn sein, daß besondere Fürsorge für Erhaltung derselben 
getragen wird, oder daß sogar, wie bei der Wartburg, der alte ehr¬ 
würdige Bau vollständig wieder hergestellt wird. Was sollten aber auch 
die hohen Bergschlösser, da die Ritter fehlen, die sie bewohnen könnten! 
Denn sie sind nicht mehr zu sehen, jene stolzen Gestalten, hoch zu Roß, 
angethan mit der glänzenden Rüstung, den wallenden Federbusch auf 
dem Helm, den blanken Wappenschild am Arme, die hochragende Lanze 
in der Hand und das scharfe, lange Schwert an der Seite: es giebt 
jetzt keine Ritter mehr. Auch andere Gestalten sind verschwunden. Man 
begegnet nicht mehr dem Jäger im knappem Jägerwams, dem das Jagd¬ 
horn an der Seite hängt, dessen Hand den Jagdspieß trägt, oder gar 
einer ganzen Schar so gekleideter Jäger auf Pferden, der die laut bellende 
Meute folgt. Jetzt geht der Jäger meist allein, mit dem Gewehr auf 
dem Rücken, höchstens von einem Hunde begleitet, auf die Jagd und 
*) Vgl. das Hauptziel, S. 3, und die dort angeführte 1. Stufe. Der durch¬ 
gearbeitete Stoff ist zu den hier folgenden Stufen als 2. Stufe zu betrachten.
	        
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