Full text: Von Armin bis zu Otto dem Großen (Teil 2)

Karl der Große. 
Daß Karl der Große in der Volksschule auftreten muß, darüber ist 
man sich klarer, als über das Warum dieser Forderung. Daher kommt 
es auch, daß gerade bei der Darbietung der Geschichte dieses Kaisers 
das Tasten bei ber Auswahl des Stoffes unsicherer ist als anderswo. 
Die Entscheidung giebt auch hier der Umstand, daß wir in unseren 
Schulen nationale Geschichte treiben wollen. Unter diesen Gesichts¬ 
punkt ist das Wirken des großen Kaisers zu bringen. Nicht baß er ein 
Weltreich schuf, kann fein Auftreten in ber beutfchen Volksschule recht¬ 
fertigen, nicht seine gewaltige Persönlichkeit ist an unb für sich bafür 
maßgebend, fonbern biefes Auftreten wirb in erster Linie bestimmt durch 
ben Beitrag, ben er für die gedeihliche Gestaltung und Wohlfahrt unseres 
Vaterlandes geliefert hat. — Betrachten wir die auf den großen Kaiser 
folgende Zeit, so tritt unter feinen Geschenken an Deutschland vor andern 
hervor, bie Umwanblung bes sächsischen Stammes. Indem er diesem 
Stamme — wenn auch mit Gewalt — neues, triebkrästiges religiöses 
Leben zuführte, indem er dem freiheitsdurstigen Volke staatliche Ord¬ 
nungen aufzwang, ermöglichte er ihm den Fortschritt zu einer höheren 
Kulturstufe. Altfachfen hatte Karl dem Großen das Heranbrechen einer 
neuen Zeit zu verdanken. Und nicht nur Sachsen, fonbern ganz Deutsch- 
lanb. Denn ohne bie religiöse unb politische Erziehung seit bem großen 
Kaiser wäre ber sächsische Stamm nimmermehr befähigt gewesen, beim 
Zerfall bes Karolingerreiches entfcheidenb einzugreifen in die Geschicke 
unseres Vaterlanbes, ihm das Bewußtsein feiner Zusammengehörigkeit 
zu erhalten und ein nationales deutsches Königreich zu begründen. 
Liegt in dieser Rechtfertigung unseres Stoffes zugleich auch ein 
Hinweis auf den Ausgangspunkt für unsere Präparationen, so giebt sie 
auch das Recht, bie Person unb Thätigkeit bes bis auf unsere Zeit burch 
bie Volksfage festgehaltenen Kaisers noch in attberen Beziehungen für 
unsere Schulen auszunutzen. Die Schüler müssen z. B. erkennen, wie 
Karl feine Unterthanen in jener unfrieblichen Zeit lehrte, durch Einfälle 
in das feinbliche Lanb bas Vaterlanb zu schützen, sie müssen aber auch 
ein klares Bild jener vielseitigen Persönlichkeit in sich aufnehmen, um
	        
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