Full text: Vom Dreißigjährigen Krieg bis zur Gegenwart (Teil 5)

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Ähnlich war es in den Städten, bei den Bürgern. Bisher war 
hier alles von oben regiert worden. Das hatte eine Masse Beamte, 
viel Arbeit, Schreiberei, Kontrolle rc. nötig gemacht. Zwischen der Re¬ 
gierung und den Regierten war oft Mißtrauen herüber und hinüber 
entstanden. Da man alles vom König und seiner Regierung erwartete, 
war die eigne Thatkraft erschlafft. Da die eigne Meinung nicht be¬ 
rücksichtigt wurde, wurde man teilnahmlos und kümmerte sich nicht um 
die öffentlichen Zustände, sondern nur um seinen Beruf, um sein Ge¬ 
schäft. So konnte auch bei den Bürgern kein Gemeinsinn, keine Be¬ 
geisterung für das Vaterland aufkommen. — Als aber das alles anders 
wurde, als der Bürger neben Pflichten auch Rechte bekam, als er Ein¬ 
fluß auf die öffentlichen Angelegenheiten und seine Stimme Geltung 
erhielt (das Konkrete s. oben), da regte sich in den Städten ein neuer 
Geist, neues Leben; Teilnahme nicht nur an den städtischen, sondern 
auch an den staatlichen Einrichtungen und damit Teilnahme an ihrem 
Wohl und Wehe, Gemeinsinn und Vaterlandsliebe erstanden aufs neue. 
Das neue Leben mußte sich selbstverständlich auch bei dem Heere 
äußern, das ja jetzt nur noch aus Landeskindern bestand. Die Aus¬ 
länder hatten für Geld, für Ruhm und Ehre gefochten, feit die all¬ 
gemeine Wehrpflicht eingeführt und die übrigen Zustände gebessert waren, 
kämpfte der Soldat für fein Vaterland. Der neue Geist ertrug nicht 
mehr den Stock und andere entehrende Strafen, und so wurde der 
ganze Soldatenstand gehoben. Hatte sich früher der Bürger geschämt, 
mit einem Soldaten, z. B. in einem Wirtshaus, zu verkehren, so galt 
von jetzt an der Rock des Königs für eine Auszeichnung. 
So wurde die Neugestaltung Preußens das rechte Mittel zum 
großen Zweck, zur Abschüttelung der Fremdherrschaft, bedeutete aber 
auch einen großen Fortschritt in der Entwicklung des Staats und eine 
glücklichere, bessere Zeit für seine Bürger, wenn auch die beschränkte 
Monarchie damals noch nicht geschaffen wurde, wie wir vermutet hatten; 
das muß also später geschehen sein. 
III. Vergleichende Zusammenstellungen. 
1. Der Untergang des alten Preußens — der 
des alten Frankreichs 1789: Änderung der Regierungsweise 
(Städteverwaltung in Preußen), Abschaffung der schroffen Standes- 
unterschiede, Aufhebung der Leibeigenschaft, Umgestaltung des Militär¬ 
wesens. 
2. Aber der große Unterschied! — Preußen verliert 
dabei die Hälfte seiner Länder, Frankreich gewinnt, wenigstens im späteren 
Verlaus der Revolution, Länder: allerdings bei näherer Betrachtung nur 
ein Gewinn für den aus der Revolution hervorgegangenen gewaltigen 
Soldatenkaifer und seine Soldaten, denn Frankreich erntet wohl Ruhm 
und Ehre, verliert aber durch die Kriege Tausende von Menschen, und 
Tausende von Familien werden dadurch unglücklich. Das französische 
Volk hat keinen Nutzen von den vielen Eroberungen, es muß sich dem 
Kaiser willenlos beugen, leidet unter der Kontinentalsperre rc. In
	        
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