Augusta, Kaiserin von Deutschland.
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darum sie denn auch mit allen Kräften bemüht war, wahre
Frömmigkeit, gewissenhafte Pflichttreue und opferfreudige Menschen¬
liebe in die Herzen ihrer Kinder zu pflanzen. Deshalb hielt sie
sie fleißig an zum Gebet und streng zur Arbeit. An jedem
Morgen wurde von Grund des Herzens aus eine gemeinsame
Morgenandacht gehalten, und dann erst begannen die Lehrstunden,
für welche tüchtige Lehrer gewonnen waren, die ihr Amt mit
Ernst und Eifer wahrnahmen. Neben diefen hatten die schon
erwähnten großen Geister, die Dichterhelden, welche am gro߬
herzoglichen Hofe heimisch waren, sehr großen Einfluß auf die
geistige Ausbildung der beiden Prinzessinnen. Waren die Lehr¬
stunden vorüber, dann ging's munter an die Handarbeiten. Die
Näh- und Stricknadeln flogen lustig auf und ab, und in den
glorreichen Tagen der Befreiungskriege, die damals noch das
Vaterland in Aufregung erhielten, haben die kleinen Händchen der
Prinzeß Marie manche Leibbinde genäht, während ihr Schwesterchen
Augusta mit ihren kleinen Fingerchen spielend Wundfäden zupfte.
So wurde also kein Zweig der Ausbildung versäumt. Die
treue Mutter ging stets mit bestem Beispiel voran, und wie
dieses Beispiel wirkte, davon haben wir noch jetzt lebendiges Zeugnis.
Unsere Kaiserin erblühte an der Seite ihrer lieblichen Schwester
zur Jungfrau heran und erregte durch ihre hohen Tugenden all¬
gemeine Aufmerksamkeit.
In: 16. Lebensjahre der Prinzessin Augusta, im November
1626 empfing der Weimarische Hof hohen Besuch. Es kamen
zwei ritterliche Prinzen des Berliner Königshofes, Wilhelm und
Karl. Dieselben verweilten längere Zeit in Weimar und nahmen
die angenehmsten Erinnerungen von dort mit, besonders an die
beiden Prinzessinnen Marie und Augusta. Und es sollte nicht
bei den Erinnerungen verbleiben. Schon am Weihnachtsfeste
desselben Jahres verlobte sich Prinz Karl mit der Prinzessin
Marie und führte am 26. Mai 1827 seine holde Braut heim.
Prinz Wilhelm kehrte noch häufig wieder ein in dem gastlichen
großherzoglichen Hose, bis auch er empfunden hatte, daß keine