Full text: Vom Dreißigjährigen Krieg bis zur Gegenwart (Teil 5)

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2. Der Lauf des Rechts darf nicht gehindert werden, auch nicht vom 
König. (Aber der König griff doch ein und hat z. B. das Urteil eines 
Richters geändert, wie wir lasen? — Das war kein Eingriff in einen 
Prozeß, sondern eine Belehrung; ebenso wie er ein andermal nicht duldete, 
daß ein gewisser Joh. Friedr. Brauns wegen Wilddieberei zu sechsjähriger 
Festungsarbeit verurteilt wurde. Friedrich trat der herkömmlichen Ansicht 
entgegen, als ob Wilddieb stahl eins der schlimmsten Verbrechen sei; 
ebenso wie er am dritten Tage seiner Regierung in seinem Reiche die 
schreckliche Folter abschaffte.) 
Noch eins war nötig, worauf euch die Bemerkung bringt: Richter 
und Advokaten benutzten die Prozesse, um sich zu bereichern. — Friedrich 
sorgte für einen tüchtigen, unbestechlichen Richterstand, z. B. durch 
Prüfungen, durch auskömmliche Gehälter; er strebt nach unbestechlichen 
Beamten — wie die Ansprache an einen Regierungspräsidenten 
beweist, die nunmehr durchzunehmen ist. 
Zusammenfassung: Abschaffung der Folter, Sorge für gerechte Justiz¬ 
pflege (nicht das Herkommen entscheidet, wie bei Bestrafung des Wild¬ 
diebstahls, sondern verständige Beurteilung und Abwägung der Umstände; 
die Prozesie sollen in möglichst kurzer Zeit, spätestens in einem Jahr ent¬ 
schieden werden; der Lauf des Rechts darf nicht, auch nicht vom König, 
gehindert werden; ein tüchtiger Richterstand wird geschaffen sowie ein 
Gesetzbuch). 
Überschrift: Friedrichs Sorge um die Rechtspflege. 
6. Wir haben früher noch andere Aufgaben des Staates kennen ge¬ 
lernt. — Sorge für Gesundheit, Bildung und Seelenheil der Unter¬ 
thanen. 
Daß Friedrich der Große für die Bildung seiner Unterthanen sorgte, 
habt ihr schon gelesen. — Er sandte Schullehrer nach Westpreußen. Da 
wird er wohl auch die Schulen in den andern Provinzen nicht vergessen 
haben. 
Überall stellte er Lehrer an und befahl, daß alle Kinder zur Schule 
geschickt werden sollten. — Damals gingen also noch nicht alle Kinder wie 
heute zur Schule, und es gab viele Leute, die noch nicht einmal lesen 
und schreiben konnten. 
Freilich fehlte es an Geld und guten Lehrern. Die Lehrer waren 
meist Handwerker, die nebenbei Schule hielten. Friedrich stellte sogar 
nach dem siebenjährigen Krieg invalide Soldaten als Schullehrer an, — 
die nicht mehr wußten als die Schüler. 
Aber den guten Willen hatte der König. Wie wird es wohl mit 
seiner eigenen Bildung gewesen sein? — Er war hochgebildet. 
Ja, aber denkt an seine Worte: „Die Unterthanen werden vor freie 
Leute deklariret und die Leibeigenschaft aufgehoben? — Er sprach 
schlecht deutsch, schlechter als sein Vater (Erlaß zu Gunsten der Salz¬ 
burger). 
Er konnte auch nicht einmal so richtig deutsch schreiben wie ihr. Er 
hielt überhaupt nichts von der deutschen Sprache, schrieb und sprach nur
	        
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