§ 6. Ausbreitung der Menschen. 11
§ 6-
Ausbreitung der Menschen.
11) Nach dem Morde Abels wich Kain, mit dem Fluche
Gottes beladen, von seinen Eltern, in deren betrübtes Antlitz er
nicht mehr blicken konnte. Unstät und flüchtig irrte er umher.
Von ihm und von Töchtern Adams, die mit ihm zogen, pflanzte
sich ein Geschlecht fort, verdorben wie der Vater. Aus Kains
Munde wurden die Kinder nicht mehr belehrt über den Willen
Gottes, dessen Gerechtigkeit ihn verurteilte. So schwand ihnen
nach und nach die Erkenntnis des wahren Gottes, und sie sieten
in Abgötterei und alle Arten von Laster. Dem Adam aber
schenkte Gott für den erschlagenen Abel den frommen Seth und
eine große Anzahl Söhne und Töchter. Schon die Kinder Seths
kamen mit den Jrt Abgötterei verfallenen Kindern Kains zu¬
sammen, denn Deths Sohn Enos fing an, den Namen des
Herrn anzurufen (1. Mos. 4, 26), d. h. er verkündete den gott¬
losen Kainiten die Urosfenbarnng. Wie er, waren die von ihm
in gerader Linie abstammenden Patriarchen (Urväter) bis ans
Noah Prediger der Gerechtigkeit (2. Petr. 2, 5) und
Herolde des Glaubens. Gott schenkte ihnen allen ein hohes Alter,
um desto länger im Dienste des Herrn die Träger der heiligen
Überlieferungen fein zu können. Am längsten lebte Methüsalah.
Er war 969 Jahre alt, als er in demselben Jahre starb, in
welchem das Strafgericht Gottes in der Sündflut über die Men¬
schen hereinbrach.
12) Auch der menschliche Geist begann seine Kräfte und
Fähigkeiten zu entwickeln. Die Not des Lebens und der dem
Menschen innewohnende Bildungstrieb führte zu allerlei Künsten
und Fertigkeiten. Schon Kain, der den Zorn seiner Brüder
fürchtete, fing an, die Stätte, wo er wohnte, zu befestigen und
nannte sie Henoch, nach dem Namen seines Sohnes (1. Mos.
4, 17). Der Kainite Jubal wurde der Vater der Zither- und
Harfenspieler, und sein Vetter Tubalkain war ein geschickter
Hämmerer in allem Erz- und Eisenwerk (1. Mos. 4, 21. 22).
Die Werkzeuge, sowohl die der Sinnenlust, als die, welche dem
Kampfe und dem streite dienen, empfing die Menschheit von den
Nachkommen Kains.
Anmerkungen.
1. Das hohe Lebensalter der Menschen hat man oft durch die
Annahme erklären wollen, die damaligen „Jahre seien kürzer gewesen.
Allein wir haben gesehen, daß bereits die Ägypter, unter denen Moses
auserzogeu wurde, Jahre vou 365 Tagen zählten. Auch wird nur den