440 Die neue Zeit.
445) Der Krieg begann damit, daß die beiden Häupter des
Schmalkaldischen Bundes, welche halbjährlich im Oberbefehl mit
einander wechselten, der Kurfürst Johann Friedrich von
Sachsen und der Landgraf Philipp von Hessen, in die
Reichsacht erklärt wurden. Die Schmalkaldener waren dem Kai¬
ser, der bei Ingolstadt ein Lager bezogen hatte, bei weitem über¬
legen. Als sie aber fünf Tage lang das Lager vergeblich be¬
schossen hatten, wandten sie sich zurück, da unterdessen der Herzog
Moritz von Sachsen das Land des Kurfürsten eingenommen
hatte. Nun unterwarfen sich die süddeutschen Glieder des Schmal¬
kaldischen Bundes, namentlich Württemberg und die Reichs¬
städte. Kurfürst Johann Friedrich, welcher unterdes dem
Herzoge Moritz sein Land wieder abgenommen hatte, wurde bei
is47.Mühlberg geschlagen und gefangengenommen. Das Kriegs¬
gericht verurteilte ihn zum Tode, Karl ließ jedoch das Ur¬
teil nicht vollstrecken, sondern begnügte sich damit, demselben die
Kurwürde zu nehmen und ihn als Gefangenen bei sich zu be¬
halten. Die Kurwürde erhielt Moritz von Sachsen. Der
Landgraf Philipp von Hessen, der nun allein stand, kam
nach Halle und ergab sich auf Gnade und Ungnade. 2luch_ er
wurde als Gefangener behalten. Damit war der Schmalkaldische
Bund aufgelöst.
Anmerkungen.
1. Bei der Zusammenkunft zu Schmalkalden (1536) war bestimmt
worden, daß ein Bundesheer von 10 000 Mann zu Fuß und 2000 zu
Pferde aufgestellt werde, und es wurden den beiden Oberbefehlshabern
13 Kriegsräte beigegeben. Wie gut die Schmalkaldener gerüstet waren,
beweist der Umstand, daß sie 70—80 000 Maun gegen den Kaiser mar¬
schieren, lassen konnten, während Karl höchstens 9000 Mann hatte.
2. Über die beiden Häupter des Schmalkaldischen Bundes hatte der
Kaiser gewichtige Klagen: sie hatten den katholischen Herzog Heinrich
von Braunschweig überfallen, aus dem Laude gejagt und die Re¬
formation mit bewaffneter Hand eingeführt. Als Heinrich das Reichs¬
kammergericht um Hilfe anging und dieses eine Vorladung erließ, er¬
kannten sie die Gerichtsbarkeit desselben nicht an. Sie hatten sich ver¬
schiedener Bistümer bemetstert unb sie zu weltlichen Provinzen gemacht.
Insbesondere riß Johann Friebrich bas Bistum Naumburg an
sich, vertrieb ben vom Domkapitel gewählten Bischof Julius Pflug,
fetzte den magbeburgischen Superintendenten Amsdorf an dessen
Stelle und ließ denselben von Luther sogar zum Bischöfe weihen. Die
sämtlichen Einwohner des Bistums wurden zum lutherischen Glauben
gezwungen. Die Verbündeten beraubten viele Personen ihrer Güter nnd
ihrer jährlichen Einkünfte und nahmen dagegen die Unterthanen anderer
Fürsten gegen dieselben in Schutz. Sie bewogeu die übrigen Reichs-
stände, auf den Reichstagen nicht zu erscheinen und dadurch den Kaiser
an der Ausübung seiner Rechte und Pflichten zu hindern, ja sie er¬
kannten ihn nicht mehr als Kaiser an, wie z. B. der Kurfürst von