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4. Als Laudesvater. Friedrich I. war wegen seiner Gutmütigkeit und
Freundlichkeit bei seinen Untertanen sehr beliebt. Seine Prachtliebe kostete zwar
dem _ Lande viel Geld, aber man verzieh dem geliebten Fürsten um so lieber, als
ja die von dem Könige ausgeführten Bauten dem Lande wieder zugute kamen.
So ließ er seinem Vater ein prächtiges Denkmal errichten, erbaute das Zeughaus
in Berlin, und auch das königliche Schloß erhielt unter ihm seine jetzige Gestalt.
Auch gründete er die „Akademie der Wissenschaften", die wissenschaftliche
Kenntnisse sammeln und durch Schriften verbreiten sollte. Hierzu veranlaßte ihn
besonders seine geistreiche Gemahlin Sophie Charlotte, eine hannoversche Prinzessin.
Leider wurde durch ihn das französische Wesen bei Hose eingeführt. Man kleidete
ficfi französich, sprach französisch und ahmte überhaupt alle französischen Sitten
und Gebräuche nach. Der König selbst trug eine sehr lange Lockenperücke, und
bald kam es dahin, daß jeder Bürger eine Perücke trug. Die evangelischen
Glaubensgenossen hatten an ihm einen treuen Beschützer, und jeden, der seines
Glaubens wegen bedrängt wurde, nahm er mit offenen Armen auf. Auch der
von der Universität Leipzig vertriebene Professor Thornasius fand bei ihm Auf»
nähme. Durch ihn ließ der König die Universität Halle einrichten. Thornasius
war es, der zuerst die Vorlesungen in deutscher Sprache hielt. Bis dahin waren
sie nur in lateinischer Sprache gehalten. Später berief der König auch August
Hermann ?yrantfe (den Gründer des Waisenhauses in Halle) an die Universität.
(Deutsche Jugend 4, S. 48: August Hermann Francke.)
45. Friedrich Wilhelm I., König von Preußen. 1713—1740.
1. Sparsamkeit. Friedrich Wilhelm haßte Pracht und Aufwand. Von
den 100 Kammerherren seines Vaters behielt er nur 12, und die Gold- und
Lilbersachen, die sein Vater mühsam erworben hatte, verkaufte er und bezahlte
davon die vorhandenen Schulden. In den ersten Jahren feiner Regierung trug
er einfache, bürgerliche Kleidung, später die Uniform eines Obersten. Durch ihn
ist es bei den Fürsten Sitte geworden, Uniform zu tragen. Auf feiner Tafel
erschien gewöhnlich einfache Hausmannskost; nur wenn hoher Besuch eintraf,
durfte sie mit seinen und teuren Speisen besetzt werden.
2. Strenge. Der König war von früh bis spät unausgesetzt tätig. Eine
lolche Tätigkeit verlangte er auch von allen feinen Beamten. Wehe, wenn einer
feine Schuldigkeit nicht tat! Als er erfahren, daß der Torfchreiber in Potsdam
die Bauern des Morgens vor dem Tore warten läßt, begibt er sich eines
Morgens selber dorthin; und da er den säumigen Beamten noch im Bett findet,
prügelt er ihn mit den Worten: „Guten Morgen, Herr Torfchreiber!" höchst
eigenhändig aus dem Bett heraus. Tagediebe und Müßiggänger waren ihm be-
fonoer§ zuwider. Sah er irgendwo einen Arbeiter auf dem Felde oder bei einem
Baue müßig stehen, so gebrauchte er ohne weiteres seinen Knotenstock. Wer den
König kommen sah, lief davon oder arbeitete mit doppeltem Eifer. Einst holte
er einen solchen Flüchtling ein. Auf die Frage, warum er davongelaufen
erhielt der König die Antwort: „Weil ich mich vor Ew. Majestät fürchte." Da
geriet der König in Zorn. „Ihr sollt mich nicht fürchten, Ihr sollt mich lieben!"
itCT er ihm zu und zerbleute ihm dabei mit seinem Knotenstock den Rücken.
3- $“rJor?c für das Heer. Das Hauptbestreben des Königs war, eine
große, schlagfertige Armee zu haben; denn er erkannte, daß er den Feinden des
Königreichs dadurch am meisten Achtung einflößen könnte. Er vergrößerte das
Heer allmählich auf 83000 Mann. Die Soldaten wurden im In- und Aus-