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In aller Stille bereitete General Hindenbnrg seinen Angriff vor und sam¬
melte hinter der Linie seine Truppen. Am 7. Februar setzte sich der deutsche
rechte Flügel gegen den Pissek und etwas später der linke aus der Gegend von
Tilsit in Bewegung. Die Russen waren so ahnungslos, daß sie in einem Orte
sogar bei einem Tanzfeste gestört wurden. Im Süden erzwangen die Truppen
den Übergang über den Pissek, nahmen Johannisburg und marschierten auf stark
verschneiten Wegen bei eiskaltem Wind auf Lyck. Inzwischen hatte der Nord¬
flügel Pillkallen und Stallupönen genommen und folgte dem fliehenden Feinde
trotz fürchterlichen Winterwetters in Gewaltmärschen über die Grenze. Außer
Gefangenen und Geschützen fielen ihnen auch 3 Militärzüge, 80 Feldküchen und
— worüber sich die Soldaten wohl am meisten gefreut haben werden — reichlich
Verpflegung und russische Liebesgaben in die Hände.
Unsre Flieger meldeten, daß sich auch die Mitte der russischen Schlachtlinie
an der Angerapp und bei Lötzen in langen Marschkolonnen zurückzöge. Die
Deutschen folgten durch die (Seeenge und nahmen auch Lyck zum Ziel. Den
Kämpfen bei dieser Stadt wohnte der Kaiser bei. Als ihm die Einnahme ge¬
meldet wurde, fuhr er nach Lyck, um seine tapferen Truppen zu begrüßen. Es
war ein ergreifender, denkwürdiger Augenblick, als auf dem Marktplatze vor
niedergebrannten Häusern und der Ruine einer Kirche Soldaten aller Waffen¬
gattungen ihren obersten Kriegsherren umzingelten, „Heil dir im Siegerkranz"
und „Deutschland über alles" sangen und der Kaiser ihnen in markigen Worten
seinen Dank und seine Anerkennung aussprach.
So war denn am 15. Februar abermals der deutsche Boden vom Feinde
befreit. Die Russen verloren in dieser Winterschlacht 100000 Gefangene, 300 Ge¬
schütze, 150 Wagen mit Munition und unübersehbares Kriegsgerät.
Kämpfe in den Karpathen. Im Januar wurde in Ungarn unter dem
General von Linsingen aus deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen
eine neue Armee gebildet, die in den Karpathen kämpfen sollte. Das war
eine sehr schwere Aufgabe. In den ungewohnten Verhältnissen des Hochgebirges
hatten die Soldaten Übermenschliches zu leisten. Erbärmlich war die Unterkunft
in schnell errichteten Baracken. Von den wenigen ärmlichen Ortschaften ragten
meist nur schwarze Trümmer aus dem leuchtenden Schnee. Mit unsäglichen
Mühen wurden auf zerfahrenen Straßen, die sich im Zickzack nach oben winden,
Schießbedarf und Verpflegung hinaufgebracht. Auf Schneeschuhen eilten wei߬
gekleidete Späher über steile Hänge. Flieger beobachteten die feindlichen
Stellungen. Und wenn's zum Gefecht ging und der Soldat die Straße ver¬
lassen mußte, arbeitete er sich durch den tiefen Schnee, in den er oft bis zur
Schulter einsank, schaufelte seine Gräben und wartete bei 20 und mehr Grad
Kälte tagelang auf die Stunde des Angriffs. Die russischen Führer sparten
auch hier ihre Soldaten nicht, sondern schickten sie zu Tausenden ins Feuer, um
die Pässe zu stürmen. Vergeblich! Als Przemysl, die tapfere Stadt, durch den
Hunger bezwungen war, konnte die Belagerungsarmee in den Karpathen helfen.
Dennoch blieben die Reihen der Verbündeten unerschüttert.
Die Russen verstehen sich auf die Befestigungskunst. Stockwerkartig lagen
an den Bergen die Schützengräben übereinander, an wichtigen Stellen oft sieben
Reihen, und waren mit Hindernissen aller Art wohl versehen. Das ganze Land