Full text: Der Weltkrieg 1914/15 (Erg)

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In aller Stille bereitete General Hindenbnrg seinen Angriff vor und sam¬ 
melte hinter der Linie seine Truppen. Am 7. Februar setzte sich der deutsche 
rechte Flügel gegen den Pissek und etwas später der linke aus der Gegend von 
Tilsit in Bewegung. Die Russen waren so ahnungslos, daß sie in einem Orte 
sogar bei einem Tanzfeste gestört wurden. Im Süden erzwangen die Truppen 
den Übergang über den Pissek, nahmen Johannisburg und marschierten auf stark 
verschneiten Wegen bei eiskaltem Wind auf Lyck. Inzwischen hatte der Nord¬ 
flügel Pillkallen und Stallupönen genommen und folgte dem fliehenden Feinde 
trotz fürchterlichen Winterwetters in Gewaltmärschen über die Grenze. Außer 
Gefangenen und Geschützen fielen ihnen auch 3 Militärzüge, 80 Feldküchen und 
— worüber sich die Soldaten wohl am meisten gefreut haben werden — reichlich 
Verpflegung und russische Liebesgaben in die Hände. 
Unsre Flieger meldeten, daß sich auch die Mitte der russischen Schlachtlinie 
an der Angerapp und bei Lötzen in langen Marschkolonnen zurückzöge. Die 
Deutschen folgten durch die (Seeenge und nahmen auch Lyck zum Ziel. Den 
Kämpfen bei dieser Stadt wohnte der Kaiser bei. Als ihm die Einnahme ge¬ 
meldet wurde, fuhr er nach Lyck, um seine tapferen Truppen zu begrüßen. Es 
war ein ergreifender, denkwürdiger Augenblick, als auf dem Marktplatze vor 
niedergebrannten Häusern und der Ruine einer Kirche Soldaten aller Waffen¬ 
gattungen ihren obersten Kriegsherren umzingelten, „Heil dir im Siegerkranz" 
und „Deutschland über alles" sangen und der Kaiser ihnen in markigen Worten 
seinen Dank und seine Anerkennung aussprach. 
So war denn am 15. Februar abermals der deutsche Boden vom Feinde 
befreit. Die Russen verloren in dieser Winterschlacht 100000 Gefangene, 300 Ge¬ 
schütze, 150 Wagen mit Munition und unübersehbares Kriegsgerät. 
Kämpfe in den Karpathen. Im Januar wurde in Ungarn unter dem 
General von Linsingen aus deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen 
eine neue Armee gebildet, die in den Karpathen kämpfen sollte. Das war 
eine sehr schwere Aufgabe. In den ungewohnten Verhältnissen des Hochgebirges 
hatten die Soldaten Übermenschliches zu leisten. Erbärmlich war die Unterkunft 
in schnell errichteten Baracken. Von den wenigen ärmlichen Ortschaften ragten 
meist nur schwarze Trümmer aus dem leuchtenden Schnee. Mit unsäglichen 
Mühen wurden auf zerfahrenen Straßen, die sich im Zickzack nach oben winden, 
Schießbedarf und Verpflegung hinaufgebracht. Auf Schneeschuhen eilten wei߬ 
gekleidete Späher über steile Hänge. Flieger beobachteten die feindlichen 
Stellungen. Und wenn's zum Gefecht ging und der Soldat die Straße ver¬ 
lassen mußte, arbeitete er sich durch den tiefen Schnee, in den er oft bis zur 
Schulter einsank, schaufelte seine Gräben und wartete bei 20 und mehr Grad 
Kälte tagelang auf die Stunde des Angriffs. Die russischen Führer sparten 
auch hier ihre Soldaten nicht, sondern schickten sie zu Tausenden ins Feuer, um 
die Pässe zu stürmen. Vergeblich! Als Przemysl, die tapfere Stadt, durch den 
Hunger bezwungen war, konnte die Belagerungsarmee in den Karpathen helfen. 
Dennoch blieben die Reihen der Verbündeten unerschüttert. 
Die Russen verstehen sich auf die Befestigungskunst. Stockwerkartig lagen 
an den Bergen die Schützengräben übereinander, an wichtigen Stellen oft sieben 
Reihen, und waren mit Hindernissen aller Art wohl versehen. Das ganze Land
	        
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