Full text: Das Mittelalter (Teil 2)

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IV. Periode. 
sich auch in derselben die gemäfsigtere Richtung der Calixtiner 
oder Kelchner von der radikalen der Taboriten; erstere forderten 
im wesentlichen Gemäfsigtes, namentlich dafs der Kelch (calix) 
beim Abendmahl nicht blofs den Priestern gereicht werde, sondern 
allen Christen, auch den Laien (S. 82); letztere aber wollten das 
Eigentum abschaffen und „alles allen gemeinsam“ machen und 
gar keine Priester mehr dulden. Da alle gewaltsamen Versuche 
bei der jammervollen Kriegsverfassung des deutschen Reichs, der 
gleichzeitigen Türkengefahr und dem Fanatismus der Hussiten 
scheiterten — 1431 wurde das fünfte Kreuzheer bei Taufs total 
zersprengt—, so trat 1431 wieder ein Konzil, diesmal in B a s e 1, 
zusammen und beschritt den Weg der Verständigung, den man 
1415 verschmäht hatte. Das Konzil gestand den Calixtinern 
1433 in den „Basler Compactaten“ die vier Prager Artikel mit 
Abschwächungen zu, namentlich den Laienkelch; und nun wurden 
die Taboriten durch die Calixtiner 1434 bei Böhmisclibrod auf- 
gerieben, wobei auch beide Prokope fielen, und Sigismund, der 
1433 in Rom zum Kaiser gekrönt war, konnte endlich, vom Adel 
unterstützt, der natürlich durch den socialen Radikalismus der 
Taboriten erschreckt worden war, 1436 als König in Prag ein¬ 
ziehen, starb aber im Dezember 1437, ohne männliche Leibes¬ 
erben zu hinterlassen. 
i. Das Konzil von Basel nahm von den drei Beratungs¬ 
gegenständen der Konstanzer Versammlung nicht blofs die ,,Sache 
des Glaubens“, die Frage der Beseitigung der Ketzerei, wieder 
auf, sondern auch die Reformation der Kirche, und schaffte eine 
ganze Reihe kirchlicher Abgaben (Annaten, Palliengelder, Dis¬ 
pensationstaxen etc.) und andere Mifsbräuche ab, worüber es am 
Ende offen mit Papst Eugen IV. zerfiel; dieser verlegte das Konzil 
nach Ferrara und von da nach Florenz, worauf die in Basel zu¬ 
rückbleibende Mehrheit der Väter erklärte, das Konzil stehe über 
dem Papst, und Eugen IV. einen Gegenpapst in der Person Felix V. 
entgegenstellte. Aber da dieses radikale Vorgehen von vielen Prä¬ 
laten mifsbilligt wurde, so traten diese aus dem Konzil aus und 
schwächten dadurch dessen Ansehen; immerhin nahmen im März 
1439 die deutschen Fürsten die Basler Beschlüsse von Reichs wegen 
an, und hinsichtlich des Schismas schlossen die Kurfürsten einen Ver¬ 
trag, nach welchem sie keinem der beiden Päpste „Obedienz leisten“, 
sondern neutral den Ausgang abwarten wollten. Deshalb wandte 
sich Eugen an Kaiser Friedrich III. und gewann ihn mit Hilfe 
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