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4. Große Freude herrschte in Deutschland auch, als im «September 
die von den Deutschen belagerte Festung Straß bürg sich ergeben 
hatte. Am 30. September, an demselben Tage, an welchem vor 189 
Jahren die Stadt Straßburg dem deutschen Reiche durch französische 
Gewaltthat geraubt worden war, hielten die siegreichen Deutschen ihren 
Einzug in dieselbe. Und einen Monat später, ant 27. Oktober, ergab 
sich auch die Festung Metz mit dem darin eingeschlossenen Heere von 
170 000 Mann, die nun ebenfalls als Gefangene nach Deutschland ge¬ 
führt wurden. 
In Frankreich hatte man den Kaiser Napoleon für abgesetzt erklärt 
und eine Republik errichtet, zugleich aber beschlossen, trotz aller Nieder¬ 
lagen den Krieg fortzusetzen. Für die Deutschen galt es nun, auch 
noch die gewaltige Stadt Paris mit den zahlreichen sie umgebenden 
kleinen Festungen zu belagern. Das war nichts Geringes, wenn man 
bedenkt, daß die Einschließungslinie, welche die Deutschen zu besetzen 
hatten, zwölf Stunden lang war. Dazu kam ein harter Wiuter, der 
den deutschen Soldaten, die in Schnee und Eis die Feldwacht halten 
mußten, die härtesten Entbehrungen auferlegte. Die in Paris einge¬ 
schlossenen Soldaten machten Ausfälle, um die Einschließungslinie zu 
durchbrechen, neugebildete französische Heere machten sich auf, um 
Paris zu Hilfe zu kommen; aber die Ausfälle wurden zurückgewiesen, 
die herannahenden Heere geschlagen. Dann wurden die Paris um¬ 
gebenden kleinen Festungen nach und nach erobert, und endlich blieb 
den Parisern, unter denen Hunger und Seuchen wüteten, nichts übrig, 
als auch ihre Stadt den Deutschen zu übergeben. 
Am 28. Januar 1871 wurde auf Antrag der Franzosen ein Waffen¬ 
stillstand abgeschlossen, der endlich zum Frieden führte. Beim Friedens¬ 
schlüsse mußten die Franzosen versprechen, 5 Milliarden (5000 Millionen) 
Franken Kriegskosten zu zahlen, und die beiden früher zn Deutschland 
gehörigen Provinzen Elsaß und Lothringen mußten sie an Deutschland 
zurückgeben. 
5. Groß waren die Opfer des Kampfes für Deutschland gewesen, 
herrlich waren aber auch die Früchte des Sieges. Zwei Provinzen, 
deren Verlust Deutschland nie verschmerzt hatte, nannte es wieDer sein, 
die deutschen Städte Straßburg und Metz, durch deren gewaltige 
Festungswerke und Besatzungen Deutschland stets bedroht gewesen war, 
waren wieder in feinen Händen, vor allem aber —- Deutschland war 
geeinigt und das alte deutsche Reich war in neuer Herrlichkeit aufer¬ 
standen. 
Auf französischem Boden war dem Könige Wilhelm im Namen aller 
deutschen Fürsten und des ganzen deutschen Volkes die deutsche Kaiser¬ 
krone angeboten worden, und am 18. Januar 1871 war er feierlich 
zum Deutschen Kaiser ausgerufen worden. 
Als solcher hat Kaiser Wilhelm I. siebzehn Jahre lang zum 
Segen Deutschlands regiert. Als er am 9. März 1888 in feinem 
A. Richter, Geschichtsbilder g
	        
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