Full text: Die Hohenzollern von Kaiser Wilhelm II. bis zum Großen Kurfürsten (Teil 1)

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„Nun 'mal die Hauptsache fürs Leben." sagte der König. „Rechnen. 
Ich werde 'mal die Aufgabe erteilen." Die Tafeln waren schon in den 
Händen der Jungen, und diese standen, die Griffel bereit haltend, die 
Augen fest auf den König gerichtet. „Wenn ein Mensch," begann der 
König, „dreihundertfünfundsechzig Tage lang — jeden Tag vier Thaler 
verdient, wieviel macht das am Ende des Jahres — also nach drei¬ 
hundertfünfundsechzig Tagen, — wie wollt Ihr das finden?" 
„Durch die Multiplikation!" sagte eine Stimme. „Recht so," rief 
der König. „Das ist meine liebste Rechnungsart. Rechnet das also aus, 
und wenn Ihr es ausgerechnet habt, dann zieht von der Zahl zweihundert¬ 
vierzig — schreibt's aus! — zweihuudertvierzig ab, und dann will ich 
wissen, was bleibt. Vorwärts!" 
Wendroth fürchtete, daß seine Jungen schlecht bestehen würden. 
So leicht die Ausgabe war, so sehr er auch die vier Rechnungsarten 
eingeübt hatte, die Anwesenheit des Königs machte jetzt doch ängstlich. 
Tiefe Stille trat ein; nur die Griffel quietschten auf den Tafeln. Wend¬ 
roth lehnte an einem Tische; die Jungen rechneten, ohne zum Ziele zu 
kommen. Sie waren eben ängstlich. Der König beobachtete genau. 
Da ries eine helle Stimme: „Ich bin fertig!" 
„Wendroth atmete auf. Wer war es? Ha, der kleine Jochen 
Müller hielt die Tafel empor. „Na, 'mal heraus!" lachte der König. 
„Wie ist das nun? Was kommt heraus!" — „Ich multipliziere 365 
mit 4, macht 1460; dann ab 240, bleibt 1220." „Bravo!" ries der 
König. „Gut gemacht! Und wenn nun zwei Leute sich in die Summe 
teilen sollen, wieviel kommt auf jeden?" Kurze Pause. „Sechshundert¬ 
zehn", sagte Jochen. „Sehr gut," rief der König, „das ist ein kluger 
Bengel." 
Wendroth hatte seine Linke auf Jochens Kops gelegt. „Ein sehr 
kluger Junge," sagte er, „Majestät, fleißig, sehr fleißig." „Glaub's," 
sagte der König. „Was sind die Eltern?" „Arme Taglöhner," sagte 
der Schullehrer. „Werde nachsehen lassen," entschied der König. „Hier, 
Jochen, sind zwei Dukaten, und immer ordentlich rechnen." 
1. Vorlesen durch den Lehrer. 
2. Lesen durch die Schüler. 
3. Erläuterungen: 
Der Lehrer fragt: Welches sind die vier Rechnungsarten? (Zu¬ 
sammenzählen, Abziehen, Vervielfältigen oder Multiplizieren und Teilen 
oder Dividieren.) — Was sind Tagelöhner? (— Leute, die Tag für ^.ag 
um geringen Lohn arbeiten). — Dukaten? (Ein Dukaten = 6,50 Mark. 
Erzähle! 
Vertiefung. 
Als die Prüfung anging, wurde der Lehrer wieder etwas unruhig 
Warum? (Vielleicht konnte der König etwas fordern, was er seine
	        
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