Waterloo 18. Juni 1815. 109
Da sprach er mit tiefster Bewegung und Kraft seine Krieger
an: „Kinder, wir müssen vorwärts! Es heißt wohl, es geht
nicht; aber es muß gehen, ich hab' es ja meinem Bruder
Wellington versprochen! Ich hab' es versprochen, hört ihr
wohl? Ihr wollt doch nicht, daß ich wortbrüchig werden
soll?" Und so ging es denn unaufhaltsam vorwärts.
Erst nach 4 Uhr Nachmittags erschienen nach und nach
die Spitzen der preußischen Kolonnen auf Wellingtons linkem
Flügel und begannen sich am Kampfe zu beteiligen. Na¬
poleon wollte daher eine rasche Entscheidung herbeiführen;
er schickte seine alte Garde in dichter Kolonne zum Sturm
gegen das Centrum Wellingtons, um es zu durchbrechen.
Während hier mit furchtbarem Ungestüm von beiden Seiten
gekämpft wurde, drang das preußische Korps unter Zieten,
mit unwiderstehlicher Gewalt alles vor sich niederwerfend,
von dem linken Flügel Wellingtons in schiefer Richtung
über das Schlachtfeld vor, grade auf Belle Alliance los.
Diese Bewegung entschied. Die französische Garde, von allen
Seiten angegriffen, gerät in Unordnung und flieht. Bald
ist die ganze französische Armee im Rückzug, der allmählich
in die verworrenste Flucht ausartet. Die Preußen setzen
die ganze Nacht die Verfolgung fort. Napoleon selbst,
mitten unter den Flüchtenden, entging kaum der Gefangen¬
nahme.
Wellingtons Heer hatte 13 000 Tote und Verwundete,
die Preußen 7000. Die Franzosen verloren 30 000 Tote
und Verwundete, 15 000 Gefangene, 300 Kanonen und
eine große Masse von Gepäck und Kriegsgerät aller Art.
Napoleons Heer war durch die Schlacht bei Waterloo ver¬
nichtet, seine zweite Herrschaft — die sog. 100 Tage —
war am Ende. Er dankte notgedrungen noch einmal ab.
Als er mit dem Plane, sich nach Amerika einzuschiffen, nach
Rochesort eilte, aber den Hafen von englischen Schiffen be¬
wacht fand, lieferte er sich dem englischen Admiral Hotham
aus und ward nach England gebracht.
Blücher und Wellington rückten am 7. Juli mit ihren
Heeren in Paris ein, mit ihnen der König Lndwig XVIII.,