Full text: Von der Französischen Revolution bis zur Erneuerung des Deutschen Kaiserreiches (Bd. 5)

116 Aufstand in Polen 1830—1831. 
1830 drangen etwa 20 bewaffnete Kadetten der Kriegs¬ 
schule zu Warschau in den Palast des Vicekönigs, des Gro߬ 
fürsten Konstantin, um ihn zu ermorden, während andere 
Verschworene das Volk zu den Waffen riefen. Konstantin 
entging durch die Flucht der Ermordung und verließ mit 
seinen russischen Soldaten unb Beamten bas Laub. Die 
Polen erklärten bas Haus Romanow, bas russische Kaiser¬ 
haus, für abgesetzt unb ernannten eine provisorische Regie¬ 
rung, an deren Spitze ber Fürst Czartoryskistanb. Hierauf 
rückte ber russische Felbmarschall Diebitsch mit einem Heere 
von 120 000 Mann in Polen ein unb schlug am 26. Mai 
1831 bie Polen bei Ostrolenka. Rachbem einige Tage 
nachher Diebitsch an ber Cholera gestorben, zog sein Nach¬ 
folger Paskewitsch bis vor Warschau, welches am 8. Sept. 
1831 kapitulieren mußte. Die Regierung unb bie noch 
übrigen polnischen Truppen flüchteten auf preußisches Gebiet. 
Viele von ihnen gingen nach Frankreich, Englanb, Amerika 
unb a. £>. in bie Verbannung. Die Polen hatten auch in 
diesem Aufstande sich für ihr geliebtes Vaterland mit großer 
Tapferkeit geschlagen; aber ihre Uneinigkeit und die Selbst¬ 
sucht des Adels, der den gedrückten Bauern keine Zugeständnisse 
machen wollte, trieben sie ins Verderben. Polen verlor seine 
Verfassung und wurde in eine russische Provinz verwandelt. 
Auch in Deutschland waren durch die französische 
Revolution hier unb ba heftige Bewegungen hervorgerufen 
worben. In Braunfchweig zerstörte das Volk das herzog¬ 
liche Schloß und verjagte den verhaßten Herzog Karl, woraus 
dessen Bruder Wilhelm die Regierung übernahm. In 
Sachsen, Hannover, Hessen-Kassel wurden bie Fürsten 
vom Volke zur Verleihung von Verfassungen gezwungen. 
Die beutfchen Fürsten gaben bamals aus Furcht bem Drängen 
ihrer Unterthanen nach; bertn man besorgte, baß bas burch 
die Revolution aufgeregte Frankreich ans Begierde nach der 
Rheingrenze wieder Krieg anfangen werde, und die beiden 
deutschen Großmächte hatten ihre Aufmerksamkeit auf Polen 
gerichtet, von wo ans die Revolution in ihre eigenen, früher 
polnischen Lander eindringen konnte. Als aber ber polnische
	        
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