Full text: Von der Französischen Revolution bis zur Erneuerung des Deutschen Kaiserreiches (Bd. 5)

22 Aufstand am 20. Juni 1792. 
1792 noch versammelt wären, als der Verschwörung gegen 
das Vaterland schuldig, der Todesstrafe verfallen seien. Der 
König, der seine eigenen Brüder hätte ächten müssen, weigerte 
sich, den Beschluß zu genehmigen. Nicht lange nachher 
versagte der König auch einem Dekret der Gesetzgebenden, 
welches gegen die den Verfassungseid verweigernden Priester 
gerichtet war, seine Zustimmung. Beides war für die 
Männer des Umsturzes eine willkommene Veranlassung, 
einen Ausstaud des Pöbels hervorzurufen. Am 20. Juni 
1792, dem Jahrestage des Schwurs im Ballhaus (S. 8), 
zog unter Anführung des Brauers Santerre eine große 
Masse von Pikenmännern und sonstigem Volke mit allerlei 
Waffen durch die Straßen und schickte ihre bewaffneten 
Vertreter in die gesetzgebende Versammlung, wo sie in 
heftigen Reden den König als einen Verräther am Vater¬ 
lande schilderten; dann drang die ganze Masse in den 
Sitzungssaal ein und durchzog denselben mit kriegerischer 
Musik. Während sich hier das Gewühl uoch immer fort¬ 
wälzte, war der Vortrab dieser Horden schon in die Tuilerieu 
eingebrochen, um den König zur Einwilligung in die Dekrete 
der Gesetzgebenden zu zwingen. Sie überhäuften den König 
und seine Gemahlin mit den heftigsten Schmähungen, und 
ein Pikenmann richtete sogar den Stoß seiner Waffe gegen 
die Brust des Königs. Ein Nationalgardist wehrte den 
Stoß ab mit dem Zuruf: „Fürchten Sie nichts, Sire!" 
worauf der König die Hand desselben auf seine Brust legte 
und sagte: „Das Gewissen eines ehrlichen Mannes ist ruhig; 
urteile, ob dieses Herz von Furcht bewegt wird." Ein 
Kerl warf dem Könige seine rothe Freiheitsmütze zu; er 
nahm sie ruhig und setzte sie sich aufs Haupt. Ein anderer 
reichte ihm seine Flasche und forderte, daß er aufs Wohl 
der Nation trinke. Der König trank aus der Flasche ohne 
Weigern; auf den Zuruf der Menge aber: „Bestätigung 
der Dekrete! Nieder mit den Priestern!" erwiderte er mit 
Ruhe, dies sei nicht der rechte Augenblick zur Entscheidung. 
Erst spät entschloß sich die gesetzgebende Versammlung, eine 
Gesandtschaft von 25 Mitgliedern nach dem Palaste zu
	        
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