Full text: Die vorchristliche Zeit (Theil 1)

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Doch Alcibiades sollte zum zweiten Male erfahren, wie unsicher und 
schwankend die Volksgunst ist. Er kehrte nach Samos zurück und stellte 
seine Flotte bei dem Vorgebirge Notium, in der Nähe der Stadt Ephe¬ 
sus, auf, während Lysander mit der peloponnesischen Flotte in dem Hafen 
dieser Stadt lag. Einst entfernte sich Alcibiades auf kurze Zeit von sei¬ 
ner Flotte und übertrug den Oberbefehl einem Unterfeldherrn, doch mit 
der ausdrücklichen Weisung, sich durchaus in keine Schlacht einzulassen. Ly¬ 
sander aber wußte schlau die Abwesenheit des Alcibiades zu benutzen, segelte 
aus dem Hafen heraus und überfiel die athenische Flotte, deren Mann¬ 
schaft sich auf keinen Angriff vorbereitet hatte. Als Alcibiades zurückkehrte, 
sah er die schreckliche Niederlage, die seine Flotte erlitten hatte und die er 
nicht wieder gut machen konnte. Das athenische Volk aber gerieth bei 
dieser Nachricht außer sich vor Wuth und entsetzte ihn, dem es alle Schuld 
beimaß, seiner Feldherrnwürde. So sank der Mann, der noch vor kurzer 
Zeit der Abgott des Volkes war, wieder schnell von dem Gipfel seines 
Glückes herab. 
Er ging nach Thracien, wo er sich schon vorher eine Burg erbaut 
hatte. Doch nie erstarb in ihm die Liebe zu seinem Vaterlande. Als die 
athenische Flotte bei Aegospotami lag (405) und die Soldaten sich trotz 
der drohenden Nähe Lysander's zügellos auf dem Lande zerstreuten, um 
Beute zu holen, begab sich Alcibiades, der das Gefährliche ihrer Lage ein¬ 
sah, zu dem athenischen Feldherrn und versprach ihm, die Feinde in kur¬ 
zer Zeit zur Schlacht zu zwingen, wenn er ihn am Kommando wollte 
Theil nehmen lassen. Doch dieser wies ihn mit der Antwort ab: „Alci¬ 
biades hat nichts mehr zu befehlen!" So erlitten denn die Athener jene 
furchtbare Niederlage bei dem Ziegenflusse (Aegospotami), die Athen der 
Rache der Lacedämonier preisgab. 
Die Spartaner glaubten jedoch ihres Sieges nicht sicher zu sein, so 
lange Alcibiades noch lebte. Sie stellten ihm nach und er mußte nach 
Asien zum persischen Statthalter Pharnabazus fliehen. Er war im Be¬ 
griff, von diesem zum Könige von Persien zu reisen, um durch dessen 
Beistand die Rettung seines Vaterlandes zu bewerstelligen. Doch Lysan¬ 
der verlangte von Pharnabazus die Auslieferung des gefürchteten Mannes 
so hartnäckig, bis dieser endlich zwei Mörder schickte,' ihn zu todten. Sie 
waren aber zu feig, ihn im offenen Kampf zu todten, und zündeten daher 
das Haus an, in welchem er schlief. Vom Knistern des Feuers aufge¬ 
weckt, sprang Alcibiades mit einem Dolche bewaffnet heraus und stürzte 
sich durch die Flammen. Da erlegten ihn die Männer aus der Ferne 
durch Pfeile, schnitten dann sein Haupt ab und brachten es dem Pharna¬ 
bazus. Seine Freundin Timandra, die bei ihm lebte, bedeckte seinen 
Leichnam mit ihrem Gewände und verbrannte ihn in der Flamme des an¬ 
gezündeten Hauses.
	        
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