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tue mich begleiten; wer nicht will, der kehre um und verkündige daheim,
daß er seinen König verlassen hat!" Dann verschloß er sich drei Tage
lang in seinem Zelte, und Keiner durfte ihm vor die Augen kommen.
Als er aber merkte, daß das Heer bei seinem Vorsatze blieb, erklärte er,
daß er mit ihnen umkehren wolle. Da erscholl ein jauchzendes Freuden¬
geschrei aus dem ganzen Lager. Alle drängten sich um ihren König, ihm
zu danken. Heitere Waffenspiele wurden angestellt, große Opfer gebracht.
Zum Andenken erbaute man zwölf thurmhohe Altäre auf der Stelle der
Umkehr.
Der größte Theil des Heeres schiffte sich über den Indus nach dem
indischen Ocean ein, um von dort in den persischen Meerbusen zu segeln,
und so den Seeweg nach Indien zu erforschen. Alexander selbst kehrte
mit dem übrigen Theile seines Heeres unter unsäglichen Beschwerden durch
die Sandsteppen von Gedrosien und Karmanien zurück nach Babylon, wo
er wieder mit seinen eingeschifften Kriegsleuten zusammentraf. Babylon
sollte die Hauptstadt seines Weltreichs werden, denn er hatte vor, alle
unterworfenen Völker zu einem einzigen großen Reiche zu vereinigen und
dieses auf die höchste Stufe menschlicher Bildung zu bringen.' Aber
mitten in seinen großen Entwürfen erkrankte er; die vielen Anstrengungen,
aber auch das schwelgerische Leben, dem er sich ergeben hatte, stürzten ihn
in ein hitziges Fieber, das nicht mehr zu heilen war. Seine Feldherren
standen trauernd an seinem Krankenlager und reichten ihm die Hand. Er
Hot) den Kopf etwas in die Höhe, sah jeden bedeutungsvoll an und sprach:
„Ich ahne, es werden nach meinem Tode blutige Kämpfe erfolgen."
Man fragte den Sterbenden, wen er zu seinem Nachfolger bestimme, denn
er selbst hatte keine Kinder. Er antwortete: „den Würdigsten." Hier¬
auf verschied er, in einem Alter von dreiunddreißig Jahren, nachdem er
nur 12 Jahre 8 Monate regiert hatte. Sein früher Tod war ein un¬
ersetzlicher Verlust für die Menschheit, denn er hinterließ eine Welt in
Trümmern.