Full text: Die vorchristliche Zeit (Theil 1)

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Flakkus schrieb seine meisterhaften Lob- und Spottgedichte (Oden und 
Satiren) und Ovidius Naso seine Metamorphosen (Verwandlungen), 
worin die Göttersagen sehr anmuthig erzählt sind. Auch treffliche Ge¬ 
schichtsschreiber lebten um diese Zeit, ein Livins,Sallu st,Kornelius 
Nepos, deren Werke aber nur unvollständig auf uns gekommen sind. 
Diese Blüthe des geistigen Lebens war aber nur von kurzer Dauer, 
denn die ganze römische Herrschaft war bereits faul in ihrer Wurzel. 
Das Christenthum. 
Das Reich des mächtigen Cyrus in aller seiner Macht und Herrlichkeit 
zerfiel, als der große Held Alexander nach Asien zog; die schöne Blüthe 
des griechischen Staates verwelkte schon zu Philipp's und Alexander's Zeiten; 
das macedonische Weltreich, kaum gegründet, brach schnell wieder zusammen, 
und dem noch größeren und mächtigeren Römerreiche sollte es eben so er¬ 
gehen. Die Menschen kämpften und stritten für ihre Ehre, zu des Vater¬ 
landes Ruhm, aber das, wofür sie kämpften, war doch nur ein Irdisches, 
Vergängliches. Das Höchste, wonach der Mensch ringen soll, das, was 
ewig und unvergänglich ist, was kostbarer als Gold und Edelstein, d i e 
Gemeinschaft mit Gott, die Verehrung Gottes im Geist 
und in der Wahrheit, dieses hohe Ziel ward den Menschen durch 
die heidnische Vielgötterei aus den Augen gerückt. DasReich Gottes, 
das alle Menschen ohne Ausnahme umfaßt, in welchem es 
weder Herren noch Sklaven gibt, wo der König gleich ist 
dem Bettler, in welchem die Liebe walten soll und der Geist 
des Friedens, der keinen Krieg und kein Blutvergießen 
kennt — dieses Reich als Ziel des menschlichen Strebens blieb dem 
Alterthum verborgen, die schöne griechische Götterlehre erhob den Menschen 
nicht über das Sinnliche, darum waren die Menschen dahingegangen an 
ihres Herzens Lüste und Begierden, darum konnte alle griechische Weis¬ 
heit und Kunst ihnen nichts helfen, darum wandelte das Volk in der Finster¬ 
niß und im Schatten des Todes. Die Vornehmen und Reichen schwelgten 
in Wohlleben oder in Ehre und Macht, aber sie konnten die Stimme ihres 
Gewissens, das nach Gott verlangte, nicht übertäuben; das Volk betete 
und opferte vor den Götzenbildern, aber es fühlte, daß diese Götter ihm 
nicht helfen konnten. Die Festauszüge und Opfer, die Wahrsagerei und 
Zeichendeuterei war den Priestern selbst zum Spott geworden; wenn sich 
zwei römische Auguren begegneten, mußten sie lachen. Einzelne Männer, 
wie Sokrates, mochten wohl eine Ahnung von dem wahren Christengott 
haben, aber ihre Lehre drang nicht in das Volk, denn es fehlte ihr die 
göttliche Kraft; solche Männer waren Lichtfnnken, die schnell erloschen 
und die allgemeine Finsterniß dann war um so bemerkbarer machten. 
Die Menschheit sehnte sich nach dem Heil, nach der Erlösung von der 
Sünde, nach reiner Gotteserkenntniß und nach reiner Gottesverehrung; 
wer konnte aber das Bessere bringen, wer anders als Gott selber? Er 
sandte seinen eingebornen Sohn, Jesus Christus, den Heiland der 
Welt, mitten in das verderbte Menschengeschlecht, und mit ihm kam eine 
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