Full text: Die vorchristliche Zeit (Theil 1)

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nach hier Städte und machten sich einen großen Theil der Insel unter» 
than. Endlich schifften sie noch weiter gegen Westen bis zu den Säulen 
des Herkules (der Meerenge von Gibraltar), die von den Alten als 
das Ende der Welt betrachtet wurden. Sie landeten an der europäischen 
Seite in Spanien und fanden hier anfangs eine solche Menge von Silber, 
daß sie alle ihre Geräthe von Holz, Stein und Kupfer dort ließen und 
silberne dafür zurückbrachten. Selbst die Anker sollen sie sich von Silber 
gegossen haben. Ihre berühmteste Kolonie in Spanien war TartessiS 
(die Stadt hieß Tarteffus). 
Doch fand auch hier die Gewinnsucht der kühnen Kaufleute kein Ziel; 
sie schifften noch über das vermeinte Ende der Welt hinaus und kamen 
nach den britischen Inseln, wo sie ein neues Metall, das Zinn, fanden, 
weshalb sie auch das Land die Zinninseln nannten. Als sie mit Glück 
ihre Fahrt dahin öfters wiederholt hatten, gingen sie bis an das Nord- 
ufer Deutschlands, und fanden hier an der preußischen Küste den glän¬ 
zenden Bernstein, von den Griechen Elektron genannt. Als sie 
diesen wunderbaren durchsichtigen Körper in die Länder des Mittelmeeres 
brachten, betrachtete man ihn als das kostbarste Kleinod und schätzte ihn 
höher als Gold. Wie man jetzt goldene Ringe mit Edelsteinen besetzt, 
schmückte man sie damals mit Bernstein. 
Aus allen Gegenden der bekannten Erde führten nun die Phönicier 
jedem Volke das zu, was es sich vorzüglich wünschte, und durch mancherlei 
Kunstgriffe wußten sie sich im Besitz des gewinnreichen Handels zu er¬ 
halten. So erzählten sie, wenn man über die Säulen des Herkules 
hinauskomme, würde das Meer so dick wie Gallerte und man müßte sich 
durch feuerspeiende Seeungeheuer hindurchschlagen. Versuchte dennoch ein 
fremdes Schiff, ihnen zu folgen, um ihre heimlichen Wege kennen zu 
lernen, so führten sie dasselbe absichtlich in die Irre, bis es auf eine 
Sandbank gerieth oder an Klippen zerschellte. 
Doch nicht bloß zu Wasser, auch zu Lande trieben die Phönicier durch 
Karawanen Handel nach Norden, Osten und Süden. Sie holten aus 
dem innern Lande nordwärts von Phönicien, nämlich aus Armenien, Eisen 
und Stahl; Pferde und Sklaven; von Osten aus Babylonien und Persien 
Leinwand, vielleicht auch Seide; aus den südlicher gelegenen Ländern^Ge¬ 
würze und Specereien. Sie folgten da dem Gestade des Arabischen Meer¬ 
busens, und fanden an der Küste der großen Halbinsel Arabien jene Harze 
und wohlriechenden Kräuter, welche alle Völker zu ihren Opfern verbrann¬ 
ten. Auch entdeckten sie bort einen Ueber flu ß an Gold unb die Zähne 
des Elephanten, aus welchen man das Elfenbein schnitt. Als es erst fund 
ward, daß Kaufleute in Arabien landeten, kamen die entferntesten Völker 
und brachten ihre Waaren zum Austausch. So führten östliche Völker über 
den Persischen Meerbusen die Früchte Indiens den Phöniciern zu, ohne 
daß diese je Indien kennen lernten. Besonders werthvoll waren ihnen die 
Pfauen und Affen und der Zimmet von der Insel Ceylon; die Phönicier 
glaubten, alle diese Erzeugnisse kämen aus beut Innern von Arabien,
	        
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