Full text: Die vorchristliche Zeit (Theil 1)

32 
dazu auf seiner Leyer, die ehemals Bäume bewegt hatte; alsbald erhob 
sich das Schiff und glitt vom Ufer herunter. Hierauf verband er die 
Argonauten durch ein großes Opfer, eine feierliche Rede und einen vor¬ 
gesprochenen Eid, ihrem erwählten obersten Befehlshaber Jason in allen 
Gefahren treu zu bleiben. 
Unter Jason's Anführung segelten nun die Helden ab. Beim Ein¬ 
gänge in das Schwarze Meer trafen sie auf die Symplegaden; das 
waren zwei Felsen, die beständig zusammenschlugen, so daß jedes Sä iff, 
welches hindurch wollte, von ihnen zerschmettert wurde. Die Argonauten 
erhielten von dem Wahrsager Phineus den Rath, eine Taube abzuschicken; 
wenn diese glücklich hindurch flöge, so möchten sie getrost vorwärts segeln, 
wenn sie aber umkomme, sollten sie die Durchfahrt nicht versuchen. Sie 
ließen eine Taube aus ihrem Schiffe fliegen; dieser wurden von den zu¬ 
sammenschlagenden Felsen nur ein paar Schwanzfedern ausgerissen, sonst 
kam sie mit dem Leben davon. Da bekamen die Argonauten Muth, sie 
fuhren hindurch und nur der hintere Theil des Schiffes wurde verletzt. 
Von dieser Zeit an standen die Symplegaden fest auf dem Grunde des 
Meeres, denn es war ihnen eine Weissagung zu Theil geworden, daß 
sie feststehen würden, wenn zuerst ein Schiff glücklich hindurchgefahren sei. 
Auf einer Insel, die von den Dolionen bewohnt ward, herrschte ein 
König, mit Namen Cycicus. Diesem war die Ankunft der Argonauten 
geweissagt worden, und er nahm die Gäste sreundlich auf, versah sie auch 
bei ihrer Abfahrt mit allerlei Lebensmitteln. Kurze Zeit, nachdem die 
Argoschiffer wieder abgesegelt waren, trieb sie ein widriger Wind in den¬ 
selben Hafen zurück, den sie eben verlassen hatten, den sie aber in der 
Finsterniß nicht erkannten. Die Dolionen glaubten, ihre Feinde, die 
Pelasger, wären gelandet, und trieben sie mit den Waffen in der Hand 
zurück. Darüber entstand ein hitziges Gefecht und Jason rannte dem 
Cycicus seinen Speer durch den Leib. Bei Tagesanbruch erkannten beide 
Theile ihren Irrthum. Man begrub den König mit großer Pracht und 
stellte ihm zu Ehren Leichenspiele an. Obgleich Jason den Mord wider 
Willen begangen hatte, so war doch Rhea, die Schutzgöttin des Landes, 
so erzürnt über ihn und seine Gefährten, daß der Steuermann Tiphys 
das Schiff nicht von der Stelle bringen konnte. Die Nacht daraus er¬ 
schien Minerva dem Tiphys im Traume und gab ihm den Rath, der 
Göttin Rhea auf dem Berge Dindymus zu opfern; das that er, und 
Argus schnitzte ihr Bildniß aus Holz und erbaute ihr eine Kapelle. 
Als die Schiffenden wieder abfahren konnten, geriethen sie nach 
manchen Abenteuern wieder auf eine Insel, und wurden da von den 
grimmigsten aller Raubvögel, den Stymphaliden, angefallen. Um 
sie von sich abzuhalten, setzten sie ihre Helme aus und schlugen mit den 
Spießen auf ihre Schilde. Durch dieses Getöse und das Winken der 
Federbüsche auf den Helmen wurden sie verscheucht. 
Endlich gelangten die Helden an den Fluß Phasts in Kolchis, und 
da landeten sie. Jason ging alsbald zum Könige Aeetes und richtete
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.