zu machen, so mochte sie am zweiten Tag die Bezahlung
des Frühbrotes unterlassen haben, weil sie nicht in der Lage
war den gestern unterschlagenen Betrag zu ersetzen. bsätte
sie aber heute bezahlt, dann wäre sicher bald eine Auffor¬
derung an die Herrschaft gekommen, den einmal nicht bezahlten
Betrag nicht vergessen zu wollen und sie wäre verraten
gewesen. Die Hoffnung am 3. Tag oder später aus eigenen
Mitteln den unterschlagenen Betrag ersetzen zu können einerseits
und die Furcht vor Entdeckung anderseits mögen die Ver¬
anlassung zur weiteren regelmäßigen Unterschlagung gewesen
sein. — Dann kam ja wohl auch in Frage, wozu sie das
unterschlagene Geld verwendete. Das konnte ich allerdings
aus der „Mitteilung" nicht ersehen. Erst im Verlaufe der
Verhandlung, wozu ich als „sachverständiger" (wofür?)
geladen war, erfuhr ich, daß ein unreifer Bursch das etwas
gefallsüchtige Mädchen an sich gelockt hatte und sich des
öfters von ihm Süßigkeiten hatte kaufen lassen. Also war
wohl er der geistige Urheber der Unterschlagung. —
Zhre Dienstherrschaft hatte die Schülerin geschädigt. —
Nun hatte dieselbe Dienstherrschaft das Mädchen fortgesetzt
vom Besuch der Eonntagsschule abgehalten. Ergangener
Vorladung wurde kurzweg nicht Folge geleistet, ebenso wieder¬
holter Vorladung zur Echulsitzung. Die ausgesprochenen
„Verweise und Verwarnungen" blieben erfolglos, verhängte
Geldstrafen wurden von der Dienstherrschaft wohl bezahlt,
aber dem Mädchen bezw. deren Eltern aufgerechnet. —
Offenbar lag doch hier eine grobe j?flichtvergessenheit, ich
möchte sagen eine Untreue der Herrschaft gegenüber dem
Dienstmädchen vor. Und mir drängte sich die Annahine
eines psychologischen Zusammenhangs zwischen der s?flicht-
vergessenheit des Dienstmädchens einerseits und der Pflicht-
Vergessenheit der Dienstherrschaft andrerseits aus. ffüer fordert