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2. 
Leslie ging sogleich hinaus in die Stadt, um zu hören, was man 
rede. Die Wachen waren wegen zweier Musketenschüsse zu den Waffen 
gelaufen. Die Wache bei dem Burgtor hatte nämlich auf Leslie 
geschossen, weil sie ihn für einen Rebellen hielt. Nun erzählte er ihnen 
des Friedlünders Verräterei, was bereits in der Burg geschehen sei und 
was man noch mit dem Herzog vornehmen wolle. Nochmals ließ er sie 
für den Kaiser schwören; sie sollten in dieser Sache zu ihnen halten und 
mit ihnen leben und sterben. Dann öffnete er die Stadttore und ließ 
100 Dragoner herein; diese mußten in der Stadt hin- uud herreiten. 
Darauf kamen Buttler und Geraldi heraus und besetzten mit 15 Soldaten 
das vordere Tor gegen den Platz, wo Wallensteins Quartier war, uud 
auch das Hintere. Doch überlegten sie nochmal, was besser sei, den 
Friedland zu fangen oder ermorden zu lassen. Beim Essen hatte Jlow 
erzählt, der General werde innerhalb drei Tagen eine solche Armee 
zusammenbringen, wie er sie nie gehabt habe. Und Niemann hatte 
gesagt, weil der Kaiser die deutsche Freiheit unterdrücken wolle, so hoffe 
er noch solche Rache zu nehmen, daß er bald seine Hände im Blut der 
Herren von Österreich wasche. Drum blieben sie dabei, den Herzog um¬ 
zubringen, auch weil der Feind mit seinem Volk schon ganz nahe war. 
Deveronx, ein irländischer Hauptmann, begab sich mit 6 anderen 
Hellebardieren hinaus in Wallensteins Wohnung und eilte dessen Zimmer 
zu. Die Wache ließ ihn sorglos ein, da er vorgab, wichtige Meldungen 
zu überbringen. Sie stürmten die Wendeltreppe hinauf zum Vorzimmer. 
Dort trafen sie auf den Kammerdiener. Er legte den Finger auf den 
Mund; der Herzog sei eben eingeschlafen, sie sollten keinen Lärm machen. 
„Freund, jetzt ist's Zeit zu lärmen!" rief Deveronx und verlangte drohend 
die Schlüssel zu den Zimmern des Fürsten. Der Diener zögerte und 
ward weggestoßen. Der Mundschenk, der dem Fürsten in einer goldenen 
Schale einen Trunk Bier gebracht hatte, wurde im Herausgehen am Arm 
verwundet. Die Soldaten riefen: „Rebellen, Rebellen!" und öffneten 
die fürstliche Wohnung mit drei Stößen. Wallenstein hatte sich mit 
Zenno besprochen. Beide waren über die Deutung der Sterne nicht 
einig. Der Herzog glaubte, sie zeigten für feinen Plan Glück; Zenno 
aber meinte, die Stunde der Gefahr sei noch nicht vorüber. Während 
er durch das Vorzimmer herausging, trat der Hauptmann mit seinen 
Kameraden ein. Es war zwischen 9 und 10 Uhr. Der Friedländer 
hatte den Tumult gehört uud wollte eben die Wache rufen. Der Haupt- 
manu fand ihn vom Bett ausgestanden und am Tische lehnend, nahe beim 
Fenster im bloßen Hemd. Er schrie ihn an: „Bist du der Schelm, der 
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