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3m Möller, (leoe.)
Ms Luther von seinen Eltern zurückreiste, da brach in der Nähe
der Stadt Erfurt ein Gewitter über ihn los. Ein furchtbarer Blitz, ein
Donnerschlag, — und erschreckt fiel er zu Boden. „Hilf, liebe Sankt
Anna," rief er, „ich will ein Mönch werden!" Unverletzt stand er auf.
Wohl reute ihn nachher das Gelübde wieder und viele rieten ihm ab,
als er heim nach Erfurt kam. Allein er blieb standhaft.
Vierzehn Tage später lud er eines Abends noch einmal feine
besten Freunde zu sich. Noch einmal freute er sich mit ihnen an der
Musis, die er so sehr liebte. „Ich habe euch zum Abschiede geladen,"
sagte er. „2Sie einst den Saulus auf dem Wege nach Damaskus, so
l)at mich ein himmlischer Blitz erleuchtet und zu Boden geworfen und
mich aus der Genossenschaft der Freunde in die Mauern des Klosters
getrieben. Ihr selbst sollt mich morgen zum Kloster geleiten." Am andern
Morgen gaben sie ihm unter Tränen das Geleit zum Augustinerkloster.
Noch ein letztes Händeschütteln. „Heute seht ihr mich — und nimmer¬
mehr!" — Die Pforte wurde hinter ihm geschloffen.
Er trat in die Klosterkirche vor den Prior, und warf sich vor
ihm nieder. „Was begehrst du?" fragte der Prior. „Die Barmherzig¬
keit Gottes und eure Gemeinschaft," anwortete Luther. Der Novizen¬
meister führte den neuen Bruder in feine kleine Zelle; sie hatte nur
ein Fenster gegen den Klostergarten. Da legte er die weltlichen
Kleiber ab und zog die schwarze Kutte an mit der Kapuze und dem
weißen Tuchstreifen, der über Brust und Rücken bis zu den Füßen
hinabreichte. Seine Freunde belauerten noch an den nächsten zwei Tagen
die verschlossenen Klostermauern und belagerten die Pforte und schauten
hinauf nach dem Fenster feiner Zelle, ob sie ihn nicht wieder heraus¬
bringen konnten. Aber einen Monat lang würbe itiemanb zu ihm gelassen.
Unb bann brach im Sommer in ber Stabt bie Pest aus. Lehrer unb
Schüler flohen von ber Hochschule unb zerstreuten sich unb blieben bis
zum nächsten Jahr weg. So war Luther ber Welt abgestorben unb
bachte nicht baratt, toieber aus bem Kloster zu gehen. In ber ersten Zeit
teilte man ihm bie niebrigsten Dienste zu, bas Auskehren unb Fegen ber
Klosterräume, um bie Demut bes einstigen Lehrers zu prüfen. Er hielt
Nachtwache, fastete, betete unb kasteite seinen Leib unb tat alles in lauterer
Einfalt unb zu Gottes Ehre. Oft aß er brei Tage lang keinen Bissen
unb trank keinen Tropfen. Seinen Vater fragte er erst um Einwilligung,
als jeber Einspruch schon zu spät war. Aber ber alte Luther war Übel
zufrieben; benn feine Gebanken waren barauf gerichtet, feinen Martin