Full text: Von der deutschen Vorzeit bis zur Reformation (Teil 1)

Der erste Kreuzzux' 
einmal Chausseen gab und man den größten Teü desMeges zu Fuß zurücklegen 
mußte. Ein großes Christenheer unternahm die weite Reise. Also viele Tausende 
auf einmal!' Was veranlaßte sie wohl, ins heilige Land zu ziehen? (Ver¬ 
mutungen: Palästina war gewiß von Feinden bedrobt. Die christlichen 
Kriegerscharen wollten es befreien.) 
Welche Fragen haben wir also zu beantworten? 
1. Wer bedroht das heilige Land? 
2. Wie kam das Christenheer nach Palästina? 
3. Gelang es ihm, das Land vom Feinde zu befreien? 
II. Darbietung. 
1. Wer bedrohte das heilige Land? 
a) Es war im Jahre 1095. In Rom lebte damals der Papst Urban II. Er 
berief eine große Kirchenversammlung nach Clermont in Südfrankreich. Viele 
Geistliche, Fürsten und unzählige Christenscharen aus den Ländern nordwärts 
der Alpen hatten sich zusammengefunden. Da erhob sich der Papst und hielt 
folgende Rede: 
„Ihr wisset, geliebteste Brüder, wie das Land der Verheißung in die Hände 
der Ungläubigen gefallen ist. Die Wiege unseres Heils wird von den Heiden in 
arger Knechtschaft gehalten. Schon seit Jahrhunderten lastet daraus das Joch 
des Sarazenenvolkes. Das Volk ist erniedrigt und duldet Unwürdiges. Die 
geweihten Stätten sind Viehställe geworden; die Kinder der Frommen werden 
von den Eltern gerissen und müssen entweder Gott lästern oder für ihren Glauben 
den Märtyrertod sterben. Im Heiligtume werden Priester gemordet, und die 
Kirche der Auferstehung, die Ruhestätte des Heilandes, muß den Frevel derer 
erdulden, welche keinen Teil haben am ewigen Leben, sondern bestimmt sind 
dem höllischen Feuer. Wehe uns, daß wir stille und ruhig zuschauen den Misse¬ 
taten und der Schmach der Stadt Gottes! Darum auf, meine Geliebtesten, 
waffnet euch! Ein jeglicher umgürte seine Lenden mit dem Schwerte, zu helfen 
unseren Brüdern; denn besser ist, sterben im Kampfe für unser Volk, als länger den 
Greuel dulden. Lasset uns ausziehen, und der Herr wird mit uns sein. Im Namen 
des barmherzigen Gottes und der Apostel Petrus und Paulus verkündigen wir 
allen, die die Waffen wider die Ungläubigen ergreifen, vollkommenen Ablaß 
ihrer Sünden, und denen, so im heiligen Streite fallen werden, verheißen wir 
den Lohn des ewigen Lebens; nehmen auch jeden Streiter des Herrn als wahr¬ 
haften Sohn der Kirche in unfern besondern Schutz, also, daß bei Strafe 
des Bannes niemand an Leib und Gut ihn kränken darf." 
Überschrift: Der Aufruf des Papstes. 
b) Was sagte das versammelte Volk dazu? 
Unbeschreiblich war die Wirkung dieser Worte auf die versammelte Menge. 
Als hätte der Herr selber geredet, so war alles von Begeisterung und von heiligem 
Eifer erfüllt. Zuerst trat Adhemar, Bischof von Puy, vor den heiligen Vater, 
kniete nieder und bat um das Zeichen des Kreuzes, das ihm auf die Schulter 
geheftet ward; ihm folgte Bischof Wilhelm von Orange, bann die Menge der 
Übrigen. Als hernach die Anwesenden heimkehrten und des Papstes Verheißung 
verkündeten, entstand eine allgemeine Bewegung in allem Volke. Es schieden 
Gatten von Gatten, Eltern von Kindern, und kein Band der Liebe fesselte stark 
genug, um die Begeisterung zu hemmen; Mönche verließen die Klöster, Büßer 
ihre einsamen Zellen; kein Stand, kein Alter wollte ausgeschlossen sein von der 
Teilnahme au dem großen Beginnen. (Rüde, Quellenlesebuch Nr. 34.)
	        
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