Full text: Von der deutschen Urzeit bis zur Reformation (Teil 1)

Karl der Große. 
einsehen und schätzen lernten, mußten sie sie auch wirklich verstehen. Karl der 
Große ließ darum allenthalben bei den Klöstern uud Pfalzen Schulen er¬ 
richten. Streng hielt er darauf, daß in den Klöstern ein frommes Leben ge¬ 
führt, daß in den Kirchen das Volk fleißig in den Wahrheiten des Evan¬ 
geliums unterwiesen, uud daß in den Schulen etwas Tüchtiges gelernt wurde. 
Um tüchtige Lehrer zu gewinnen, rief er gelehrte Männer aus England und 
Italien nach Deutschland. Sie unterrichteten an den kaiserlichen Pfalzen in 
Aachen, Nymwegen, Ingelheim junge Deutsche, die dann als Lehrer nach 
anderen Orten geschickt wurden. Für die Söhne seiner Hofbeamten und für 
seine eigenen Kinder errichtete Karl die Hosschnle zu Aachen. Oft kam er 
selbst hierher und überzeugte sich von dem Fleiße und den Fortschritten der 
Knaben. Er ließ sich ihre Briefe und Gedichte vorzeigen. Der Kaiser prüfte 
alles und stellte dann die Tüchtigen zu feiner Rechten und die Faulen zu 
seiner Linken auf. Die Fleißigen lobte er, ermahnte sie, im Streben nicht 
nachzulassen, und verhieß ihnen für später gute Stellungen und Ämter auf 
seinen Pfalzen nnd in den Klöstern. Mit Strenge wandte er sich an die 
Schar der Faulen und herrschte sie an: „Ihr Hochgebornen, ihr Fürstensöhne, 
ihr zierliche und hübsche Leutchen, die ihr euch auf eure Abkunft und euren 
Reichtum wohl sehr viel einbildet, ihr habt die Wissenschaften vernachlässigt 
und eure Zeit im Wohlleben mit Spiel, Nichtstun und unnützem Treiben 
verbracht. Ich gebe nicht viel auf eueru Adel und euer hübsches Aussehen, 
wenn auch andere euch deshalb anstaunen mögen. Wenn ihr nicht eiligst 
fleißiger werdet, so habt ihr vom Karl nie etwas Gutes zu erwarten." (Lesen: 
Wie Kaiser Karl Schulvisitation hielt. Gerok.) Der Kaiser hielt sein Wort: 
Aus den Fleißigsten und Tüchtigsten der Hosschnle wählte er später seine Be¬ 
amten, die Sendgrafen, die Schreiber und die Amtleute. Ohne Unterricht 
sollte nach dem Willen Karls keiner seiner Untertanen bleiben, und wenn es 
auch nicht viel Schulen gab, so sollten doch die Geistlichen dafür sorgen, daß 
jeder das Glaubensbekenntnis und das Vaterunser auswendig lerne. 
Aller Unterricht mußte in deutscher Sprache erteilt werden. Die Geist¬ 
lichen, die bisher nur in lateinischer Sprache gepredigt hatten, mußten ihre 
Predigten von nun an in deutscher Sprache halten. 
Karl der Große ließ auch die alten Heldenlieder von Siegfried und Hagen, 
von Kriemhild und Gndrun sammeln und aufschreiben. 
Überschrift? 
Zusammenfassung: Karls Sorge für die Bildung des Volkes. 
7. W i e König Karl Kaiser geworden war. 
Der Mönch Einhard berichtet: „Für seine letzte Reise nach Rom (im Jahre 
800) war nicht allein die Veranlassung, Gelübde zu erfüllen und anzubeten, 
sondern auch die vielen Unbilden, die der Bischof Leo von den Römern hatte 
erdulden müssen. Sie hatten ihn des Augenlichts beraubt und ihm die Zunge 
ausgeschnitten, so daß er gezwungen war, den Schutz des Königs anzunifen. 
Als dieser deshalb nach Rom kam, verweilte er dort den ganzen Winter, um die 
allzu erschütterten Verhältnisse der Kirche wieder zu ordnen, und bei dieser Ge¬ 
legenheit erhielt er den Kaiser- und Augustustitel samt der Kaiserkrone. Gegen 
die letztere zeigte er übrigens anfangs eine solche Abneigung, daß er versicherte, 
er würde an jenem Tage trotz des Weihnachtsfestes die Kirche nicht betreten haben, 
wenn er die Absicht des Bischofs hätte vorher wissen können." 
Inhaltsangabe: Die Veranlassung der Romfahrt. Die Wieder¬ 
herstellung der Ordnung in der Kirche. Die Krönung. Kaiser Karls Unwille.
	        
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