Full text: [Teil 4 = Quarta, [Schülerband]] (Teil 4 = Quarta, [Schülerband])

St ober u. Stieler: D. Sagen d.Strastb. Münsters. S chwab: D.Schildbürger. 1^1 
Welten trug und diese wundersamen Hallen mit Dämonen und Engeln 
bevölkerte. Denn auch die Engel haben hier ihre Stätte, auch von 
ihnen meldet die Sage, daß sie „mit vielen Heiligen" dieses Gottes¬ 
haus oft unsichtbar besuchen, wie der Mönch Ermold Nigellus in 
seinem lateinischen Gedichte über Straßburg erzählt. 
45. Die Schildbürger. 
Gustav Schwab. Die deutschen Volksbücher. Gütersloh. 
1. 
Da die Schildbürger forthin ein anderes Regiment, anderes 
Wesen und Leben anzuuehmell und zu bestellen entschlossen waren, so 
sollte zu einem recht glückhaften Anfange zuerst ein neues Rathaus 
aus gemeinschaftliche Kosten erbaut werden, ein solches, das auch Raun: 
für ihre Narrheit hätte uub diese wohl ertragen und leiden könnte. 
Da sie sich nun ihrer Weisheit noch nicht ganz verziehen hatten und 
sie nicht mit ihrer Narrheit auf einen Stoß hervorbrechen wollten, 
weil dadurch leicht verraten worden wäre, daß ihre Torheit nur eine 
angelegte sei, so beschlossen sie, fein gemächlich zu Werke zu gehen. 
Doch schien ihnen der Bau eines neuen Rathauses immerhin das 
Dringlichste zu sein. 
Und wie nun alles verabredet war, was zu einem so wichtigen 
Werke notwendig erfordert wird, fand sich's, daß nichts mehr mangelte 
als ein Pfeifer oder Geiger, der mit seinem lieblichen Sang und 
Klang, wie ein Orpheus oder Amphion, Holz und Steine herbeigeholt 
hätte, um sie in feiner Ordnung zu diesem Bau aufeinanderzulegen. 
Da aber ein solcher nirgends zu finden war, so vereinigten sie sich, gemein¬ 
schaftlich das Werk anzugreifen, jeder dem andern zu helfen und nicht 
eher aufzuhören, als bis der ganze Bau aufgeführt und vollendet wäre. 
Offenbar waren die Schildbürger, deren Weisheit nur allmählich, wie 
ein Licht, ausgehen sollte, noch viel zu weitsichtig, da sie mußten, daß 
man zuvor Bauholz und andere Sachen mehr haben müsse, ehe man 
mit Bauen anfangen könne. Denn rechte Narren würden wohl ohne 
Holz, Stein und Kalk zu bauen sich unterstanden haben. Deswegen 
zogen sie samt und sonders einmütig miteinander ins Holz, das jen¬ 
seits des Berges in einem Tale gelegen war, und fingen an, nach 
dem Rate ihres Baumeisters das Bauholz zu fällen. Als es von den 
Ästen gesäubert und ordentlich zugerichtet war, da wünschten sie, nichts 
anderes zu haben als eine Armbrust, auf der sie es heimschießen 
könnten; durch solches Drittel, meinten sie, würden sie unsäglicher 
Mühe und Arbeit überhoben sein. So aber mußten sie die Arbeit 
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