Häuschens, eine Pfeife Tabak geschenkt?" „Das stimmt," sagte der Angeredete etwas uer-
legen Der Kronprinz holte, ein Goldstück hervor, überreichte es dem ehemaligen Soldaten
und sagte: „Das i)t für den Tabak! Bitte, nehmen Sie!"
7. Grhrankung. Von jeher war Friedrich der Liebling des deutschen
Volkes. Sein freundliches, offenes Wesen gewann ihm aller Herzen, und mit
^rtufoi und ^tolz uihtc bciy Äuge jedes Deutschen aus dem edlen Fürstenfohne
Doch Zu Anfang des Jahres 1887 stellte sich ein Halsleiden bei ihm ein, das
steh besonders in andauernder Heiserkeit äußerte. Infolgedessen begab er sich
nach dem Süden und suchte Heilung in der milden Lust Italiens. Aber die
Geschwulst im Halse nahm leider derartig zu, daß der Luftröhreufchuitt vor¬
genommen und eine silberne Rohre zum Atmen eingesetzt werden mußte Wie
der Kronprinz sich als ein Held ans dem Schlachtselde gezeigt hatte, so war er
auch ein Held auf bern Krankenbette. Seiue Ärzte wußten nicht genug feine
Geduld und Ausdauer zu rühmen. Nie klagte er; aber stets schaute er gläubigen
Herzens hoffnungsvoll zu dem Helfer in aller Not empor.
8. Thronbesteigung. _ Als der Kronprinz am Morgen des 9. März im
Garten bei feiner Wohnung spazieren ging, überreichte ihm ein Diener eine De¬
pesche mit der Aufschrift: „An Seine Majestät den Kaiser Friedrich!" Ohne
sie zu öffnen, legte er sie beiseite und begann Heftig zu weinen. Er wußte, was
sie enthielt. Nun hielt es ihn nicht länger im fremden Lande. Er entschloß
sich sofort zur Heimkehr. Die Ärzte baten ihn bringend, die Reise noch aufzu¬
schieben. Er aber sagte: „Unb wenn ich unterwegs sterben müßte, ich kehre doch
zurück." An ber Beisetzungsfeier seines Vaters konnte er ber rauhen Witterung
wegen nicht teilnehmen. Doch staub er, während ber Leichenzug am Stabtfchlosie
in Charlottenburg vorüberzog, am Fenster unb schaute tränenben Auges feinem
geliebten Vater nach. Seit feiner Abreise vor etwa Jahresfrist hatte er ihn nicht
mehr gesehen, auch auf bem Totenbette sollte er ihn nicht wieberfehen. — Mit
unernüiblichem Eifer erlebigte ber Kaiser trotz feiner Schwäche bie Regierungs¬
geschäfte, und wie fein erhabener Vater selbst auf bem Sterbebette keine Zeit
hatte, mübe zu fein, so hatte er keine Zeit, krank zu fein.
9. 'Cod. Doch nur wenige Tage noch waren bem Kaiser Friedrich Ge¬
schieben. Das Leiben würbe so bösartig, baß alle Hoffnung auf Besserung
schwanb. Seinem Sohne, unserem Kaiser, schrieb er aus einen Zettel: „Lerne
leiben, ohne zu klagen, das ist das Beste, was ich Dich lehren kann." Am Tage
vor seinem Tode hatte die zweitjüngste Tochter des Kaisers ihren Geburtstag.
Als sie zu ihm kam, um sich den Glückwunsch des geliebten Vaters zu holen,
schrieb er ihr ins Stammbuch: „Bleibe fromm und gut, wie du bisher warft;
bas ist ber letzte Wunsch beines sterbenben Vaters." Die Kräfte bes Kaisers
sanken von Stnnbe zu Stunde, unb am Vormittage bes 15. Juni fand der
königliche Dulder endlich Erlösung von seinen furchtbaren Leiden. Drei Tage
später wurde seine Leiche in der Friedenskirche zu Potsdam beigesetzt. — Ganz
Deutschland beweinte den Tod seines Lieblings. Nur kurze Zeit — 99 Tage —
hat sein Haupt im Glanze der Königskrone gestrahlt.
Druck von Vclhage» & Klasing in Bielefeld.