Full text: [Theil 3, [Schülerbd.]] (Theil 3, [Schülerbd.])

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In der Sparren dürre Bäume, 
Und als wollte sie im Wehen 
Mit sich fort der Erde Wucht 
Reißen in gewalt'ger Flucht, 
Wächst sie in des Himmels Höhe» 
Riesengroß! 
Hoffnungslos 
Weicht der Mensch der Götterstärke, 
Müssig sieht er seine Werke 
Und bewundernd untergehen. 
Leergebrannt 
Ist die Stätte, 
Wilder Stürme rauhes Bette. 
In den öden Fcnsterhöhlen 
Wohnt das Grauen, 
Und des Himmels Wolken schauen 
Hoch hinein. 
Einen Blick 
Nach dem Grabe 
Seiner Habe 
Sendet noch der Mensch zurück — 
Greift fröhlich dann zum Wanderstabc. 
Was Feuers Wuth ihm auch geraubt, 
Ein süßer Trost ist ihm geblieben: 
Er zählt die Häupter seiner Lieben, 
Und sieh ! ihm fehlt kein theures Haupt. 
In die Erd' ist's aufgenommen, 
Glücklich ist die Form gefüllt; 
Wird's auch schön zu Tage kommen, 
Daß es Fleiß und Kunst vergilt? 
Wenn der Guß mißlang? 
Wenn die Form zersprang? 
Ach, vielleicht, indem wir hoffen, 
Hat uns Unheil schon getroffen. 
Dem dunklen Schoß der heil'gen 
Erde 
Vertrauen wir der Hände That, 
Vertraut der Sämann seine Saat 
Und hofft, daß sie entkeimen werde 
Zum Segen, nach des Himmels Rath. 
Noch köstlicheren Samen bergen 
Wir trauernd in der Erde Schoß 
Und hoffen, daß er aus den Särgen. 
Erblühen soll zu schönerm Los. 
Bon dem Dome, 
Schwer und bang, 
Tönt die Glocke 
Grabgesang. 
Ernst begleiten ihre Trauerschläge 
Einen Wand'rer auf dem letzten Wege. 
Ach! die Gattin ist's, die theure, 
Ach! es ist die treue Mutter, 
Die der schwarze Fürst der Schatten 
Wegführt aus dem Arm des Gatten, 
Aus der zarten Kinder Schar, 
Die sie blühend ihm gebar, 
Die sie an der treuen Brust 
Wachsen sah mit Muttcrlust — 
Ach! des Hauses zarte Baude 
Sind gelöst auf immerdar; 
Tenn sie wohnt im Schattcnlande, 
Die des Hauses Mutter war; 
Denn es fehlt ihr treues Walten, 
Ihre Sorge wacht nicht mehr; 
An verwaister Stätte schalten 
Wird die Fremde, liebeleer. 
Bis die Glocke sich verkühlet, 
Laßt die strenge Arbeit ruhn. 
Wie im Laub der Vogel spielet, 
Mag sich jeder gütlich thun. 
Winkt der Sterne Licht, 
Ledig aller Pflicht 
Hört der Bursch die Vesper schlagen, 
Meister muß sich immer plagen. 
Munter fördert seine Schritte 
Fern im wilden Forst der Wandrer 
Nach der lieben Heimathütte. 
Blökend ziehen heim die Schafe, 
Und der Rinder 
Breitgestirnte, glatte Scharen 
Kommen brüllend, 
Die gewohnten Ställe füllend. 
Schwer herein 
Schwankt der Wagen, 
Kornbeladeu; 
Bunt von Farben, 
Auf den Garben 
Liegt der Kranz, 
Und das junge Volk der Schnitter 
Fliegt zum Tanz. 
Markt und Straße werden stiller; 
Um des Lichts gescll'ge Flamme 
Sammeln sich die Hausbewohner, 
Und das Stadtthor schließt sich knar¬ 
rend. 
Schwarz bedecket 
Sich die Erde; 
Doch den sichern Bürger schrecket 
Nicht die Nacht, 
Die den Bösen gräßlich wecket; 
Denn das Auge des Gesetzes wacht. 
Heil'ge Ordnung, segenreiche 
Himmelstochter, die das Gleiche 
Frei und leicht und freudig bindet, 
Die der Städte Bau gegründet, 
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