Object: Deutsches Lesebuch für Mittel- und Oberklassen der Volksschulen

213 
f 183. Das Gold. 
Das Gold hat durch seine schöne gelbe Farbe und seinen 
ausgezeichneten Glanz seit den ältesten Zeiten die Aufmerksamkeit 
der Menschen auf sich gezogen. Und wenn man's recht betrachtet, 
so ist es auch wirklich ein schönes Metall, besonders deswegen, 
weil es weder rostet noch schwarz wird und kein Schmutz 
dauernd auf ihm haftet oder gar in dasselbe eindringt. Darum 
hängt aber auch der Mensch so leicht sein Herz daran und schätzt 
es über Gebühr, oft höher als ein gutes Gewissen. Viel besser 
wäre es, wenn jedermann sich's zum Vorbilde nähme und dafür 
sorgte, daß seine Seele rein bliebe wie Gold. 
Zu den bemerkenswerten Eigenschaften des Goldes gehört 
auch seine außerordentliche Dehnbarkeit. Ein Dukaten, der be¬ 
kanntlich noch kleiner ist als ein Zehnmarkstück, läßt sich durch 
Hämmern so weit ausdehnen, daß man damit einen Reiter samt 
« seinem Pferde vergolden könnte. Gegenstände von geringerem 
Metall, z. B. von Silber, werden häufig mit einer sehr dünnen 
Schicht Gold überzogen und sehen dann aus, als wären sie aus 
reinem Golde verfertigt. So erscheint auch der Mensch äußerlich 
oft besser, als er innerlich ist, was ihm freilich wenig Ehre macht, 
auch selten lange unentdeckt bleibt. 
Das Gold findet sich teils im Sande der Flüsse und im 
aufgeschwemmten Lande teils zwischen allerlei Gesteinen im 
Innern der Erde. Am häufigsten kommt es in Amerika, in 
Rußland und Afrika vor. Auf der amerikanischen Halbinsel 
Kalifornien entdeckte man vor etwa fünfzig Jahren beim Anlegen 
einer Wassermühle einen solchen Reichtum an Gold, daß ein 
fleißiger Sammler in acht Tagen ein reicher Mann werden 
konnte. Kaum hatte man aber Nachricht davon erhalten, so 
strömten auch schon von allen Seiten Menschen herbei, selbst aus 
Europa. Jeder wollte in kurzer Zeit und ohne Anstrengung 
reich werden. Eine Zeitlang ging das Sammeln ohne Störung 
vonstatten; als aber die Zahl der Goldgierigen mit jedem Tage 
wuchs, entstand bald Streit und Zank um die besten Plätze und 
mancher hat dort statt Gold den Tod gefunden. Man sieht 
daraus recht deutlich, daß das Gold nicht glücklich macht. Wir 
wollen daher auch nicht murren, daß unser Vaterland im Ver¬ 
gleich zu jenen Ländern arm an Gold ist. Statt habsüchtig in 
der Erde nach diesem Metall zu wühlen, wollen wir sie mit 
nahrhaften Früchten bebauen und uns ein zufriedenes Herz 
erhalten. *. sa6ea.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.