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Diese bereisten das ganze Land, überwachten die übrigen Grafen
und sorgten, daß überall Recht und Gerechtigkeit gehandhabt wurde.
Auf den großen allgemeinen Neichsversammlungen, welche Karl all¬
jährlich im Monat Mai abhielt, wurden die Zustände des Reiches
besprochen. Gesetze beraten und Krieg beschlossen.
21. Karl des Großen häusliches Leben.
In seinem häuslichen Leben war Karl höchst einfach. Er kleidete sich
nach fränkischer Weise, und es war an gewöhnlichen Tagen seine Kleidung
wenig von der gemeinen Volkstracht verschieden. Nur bei feierlichen Veran¬
lassungen zeigte er sich in prächtigen mit Edelsteinen besetzten Gewändern.
Ausländische Tracht war ihm verhaßt.
In Speise und Trauk war Karl mäßig. Selten gab er Gastereien.
Während der Tafel hörte er gern Musik, oder er ließ die Geschichten und
Thaten der Alten vorlesen.
Karl war ein großer Freund nützlicher Kenntnisse. Er las viel, sprach
außer seiner Muttersprache geläufig latem, und lernte als Mann noch
schreiben. Den englischen Mönch Akttiit, der mit trefflichen Kenntnissen
aller Art ausgerüstet war, berief er zum Lehrer seiner Söhne und Töchter.
Einen muntern wißbegierigen Knaben aus dem Odenwalde, Eginhard, gab
er seinen Söhnen znm Gesellschafter. Nach damaliger Sitte mußten sich
seine Söhne besonders im Reiten, im Jagen und in den Waffen üben, seine
Töchter sich mit Wollarbeiteu abgeben unb mit Spinnrocken und Spindel
beschäftigen. An seinen Kindern hing Karl mit großer Liebe; nie speiste er
ohne sie, auf allen seinen Reisen mußten sie ihn begleiten. Die Söhne ritten
neben ihm her, die Töchter folgten in einem Wagen.
Karl war von kräftigem Körperbau und hervorragender Größe; seine
Länge betrug sieben feiner Füße. Seine Stärke war so groß, daß er ein
Hufeisen mit Leichtigkeit zerbrach und einen gewappneten Mann mit einer
Hand hoch über fein Haupt emporheben konnte. Er hatte lebhafte, große
Augen und einen festen Gang, eine männliche Haltung des ganzen Körpers
und eine helle Stimme. Seine ganze Gestalt bot eine höchst würdige, statt¬
liche Erscheinung. Beständig übte er sich im Reiten, Jagen und Schwimmen;
er verstand das so vortrefflich, daß es ihm keiner feiner Franken zuvorthat.
22. Karl des Groszen Kaiserkrönung und Tod.
Im Jahre 800 brach zu Rom eine Empörung gegen den Papst
Leo III. aus. Bei einer feierlichen Prozession überfielen ihn seine
Feinde, rissen ihn vom Pferde, mißhandelten ihn schimpflich und
schleppten ihn in ein nahes Kloster. Ein treuer Diener brachte aber
den Papst in Sicherheit, und dieser floh nun zu Karl dem Großen
nach Paderborn, wo gerade Reichstag war, und bat um Hilfe.
Karl führte Leo III. nach Rom zurück nnd bestrafte die Empörer.
Dafür wollte der Papst dankbar sein. Als daher Karl der Große