Full text: Der erste geschichtliche Unterricht

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Fleißigen zu seiner Rechten, die Faulen zu seiner Linken stellen und sprach zu 
den armen aber geschickten Kindern also: „Ich danke euch, meine Kinder, ihr 
habt nach meinem Wunsch gehandelt, euch zur Ehre und bleibendem Nutzen!" 
Zürnend wandte er sich hierauf an die Vornehmen: „Ihr aber, ihr Söhne 
der Edlen, ihr feinen Püppchen, die ihr trüg und meinen Befehlen ungehorsam 
gewesen seid, trotzet nur nicht aus den Stand und Reichthum eurer Eltern. 
Wenn ihr euch nicht bessert, soll keines mir wieder vor die Augen kommen. 
Beim Könige des Himmels, ich werde euch strafen, wie ihr es verdient!" 
Mit ganzer Seele hing er am Christenthum. Deshalb sorgte er für gute 
Geistliche und untersagte ihnen Alles, was sich mit der Würde ihres Berufes 
nicht vertrug, z. B. das Jagen. Die Klöster wurden reichlich begabt, denn sie 
beförderten in ihren stillen Mauern nicht blos die Bildung der Jugend, son¬ 
dern sorgten auch für Arme und Kranke und nahmen Fremde gastfreundlich 
auf, indem man dazumal von Gasthöfen noch wenig wußte. Die Kirchen 
wurden mit Heiligenbildern geschmückt, denn Karl sah es gern, daß das Leben 
und die Thaten frommer Männer bei der christlichen Gemeinde in frommen 
Andenken erhalten würden. Zur Verherrlichung des Gottesdienstes ließ er 
Sänger und Orgelspieler aus Italien kommen; denn seine Franken hatten 
eine so rauhe unbeholfene Stimme, daß ihr Gesang fast dem Gebrülle wilder 
Thiere glich. Die feineren Römer verglichen diese Töne mit dem Dahinrollen 
eines Lastwagens über einen Knüppeldamm. 
Auch liebte Karl seine Muttersprache über Alles. Er arbeitete selbst mit 
den Gelehrten seines Hofes an einer deutschen Grammatik und ließ auch eine 
Sammlung altdeutscher Heldenlieder veranstalten. Uns ist leider von diesen 
ehrenwerthen Bestrebungen des großen Mannes nichts übrig geblieben, als 
die deutschen Namen, die er den Winden und Monaten gab*). 
Vorzügliche Sorgfalt verwandte er auf die Rechtspflege. Für diese er¬ 
nannte er angesehene, durch Alter und Erfahrung ausgezeichnete Männer, die 
den Namen „Grafen", d. i. Graue, führten, weil sie ihres Alters willen meist 
schon graues Haar trugen. Diese Grafen hatten verschiedene Namen. Die, 
welche über einen Gau gesetzt waren, hießen Gaugrafen, über eine Burg, 
Burggrafen. Die Pfalzgrafen waren über die kaiserlichen Schlösser 
gesetzt; denn Pfalz bedeutet so viel als Schloß. Die Markgrnfen bewach¬ 
ten die Marken oder Grenzen. Dabei forschte er fleißig nach, ob seine Diener 
auch ihre Pflichten treulich erfüllten. Deshalb sandte er von Zeit zu Zeit noch 
besondere S endgrafen in die Provinzen und ließ sich von Allem genauesten 
Bericht erstatten. Und über den großen Angelegenheiten des Reichs vergaß er 
nicht die kleinen seines Hauses. Er durchsah mit der größten Genauigkeit die 
Rechnungen seiner Verwalter über Einnahme und Ausgabe. Es ist noch eine 
schriftliche Anweisung übrig geblieben, welche er für diese entworfen hatte. Er 
bestimmt darin ganz genau, wie ein erfahrener Landwirth, wie Butter und 
Käse, Honig und Wachs bereitet, wie der Wein gekeltert, das Bier gebrauet, 
wie viel Eier, wie viel Gänse, Enten und Hühner verkauft werden sollten. 
) Den Januar nannte er Wintermonat; Februar, Hornung (vielleicht 
weil in demselben die Hirsche ihr Gehörn sGeweihs ablegen); Marz, Lenzmonat; 
April, Ostermonat; Juni, Brachmonat; Juli, Heumonat; August, Ernte¬ 
monat; September, Herbstmonat; Oktober, Weinmona t; November, Wind¬ 
monat; Dezember, Christmonat. 
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