Full text: Der erste geschichtliche Unterricht

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Und das Maß herstellt und die Sprache beseelt und befreit von der gallischen 
Knechtschaft, 
Zwar starr noch und herb und zuweilen versteint, auch nicht jedwedem ge¬ 
nießbar; 
30 Doch ihm folgt bald das Gefällige nach und das Schöne mit Goethischer Sanftheit. 
Manch großes Talent trat später hervor und entfaltete himmlischen Reichtum. 
Doch keiner erschien, in der Kunst Fortschritt der unsterblichen Paare vergleichbar; 
Keusch lehnt Klopstock an dem Lilienstab, und um Goethes erleuchtete Stirne 
Glühn Rosen im Kranz. Kühn wäre der Wunsch, zu ersingeu verwandte Belohnung l 
VIII. Venedig. 
(1824.) 
1. 
A. a. £)., II, S. 104. 
Mein Auge ließ das hohe Meer zurücke, 
Als aus der Flut Palladiosx) Tempel stiegen, 
An deren Staffeln sich die Wellen schmiegen, 
Die uns getragen ohne Falsch und Tücke. 
Wir landen an, wir danken es dem Glücke, 
Und die Lagune scheint zurückzufliegen, 
Der Dogen alte Säulengänge liegen 
Bor uns gigantisch mit der Seufzerbrücke. 
Venedigs Löwen, sonst Venedigs Wonne, 
Mit ehrnen Flügeln sehen wir ihn ragen 
Auf seiner kolossalischen Colonne^). 
Ich steig' ans Land, nicht ohne Furcht und Zagen; 
Da glänzt der Markusplatz im Licht der Sonne. 
Soll ich ihn wirklich zu betreten wagen? 
2 
A. a. O., II, S. 107. 
Venedig liegt nur noch im Land der Träume 
Und wirft nur Schatten her aus alten Tagen, 
Es liegt der Leu der Republik erschlagen, 
Und öde feiern seines Kerkers Räume. 
Die ehrnen Hengste, die, durch salz'ge Schäume 
Dahergeschleppt, auf jener Kirche ragen, 
Nicht mehr dieselben sind sie, ach, sie tragen 
Des korsikan'schen Überwinders Zäume Z. 
Wo ist das Volk von Königen geblieben, 
t) berühmter Architekt (1518—1580). Seine Kunstweise beruht auf der Antike. 
Seine Hauptwerke stehen teils in seiner Vaterstadt Vicenza, „teils in Venedig. — 
2) Staffel: Treppenabsatz. — 3) Colonna (ital.): Säule. — 4) Uber dem Hauptportal 
der Markuskirche (S. Marco) befindet sich ein antikes Viergespann aus vergoldetem Erz, 
das ursprünglich in Rom auf dem Triumphbogen Neros, später auf dem Trajans stand. 
Durch Konstantin d. Gr. nach Konstantinopel geschafft, wurde es von hier 1204 als 
Siegesbeute nach Venedig gebracht. 1797 entführten es die Franzosen nach Paris, von 
wo es 1815 nach Venedig zurückkam.
	        
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