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Antonius und Kleopatra flohen nach Alexandria und gaben sich, als der
Sieger folgte, den Tod (Schlange der Kleopatra). Ägypten wurde römische
Provinz. — c. Cäsar Oktavian erhielt vom römischen Volke den Ehren¬
namen Augustus, d. H. der Erlauchte, Erhabene. Er regierte mit Kraft,
Weisheit und Milde und vereinigte die Länder rechts der obern Donau mit
dem römischen Reiche (Noricum, um Salzburg: Rhätien, um Augsburg).
Dasselbe umfaßte alle Länder vom atlantischen Ozean bis zum Euphrat
und von der Donau bis zur Sahara (100 000 □ M. mit 120 Mill. Einte.:
20 Mill. Bürger, 40 Mill. Unterthanen, 60 Mill. Sklaven). Augustus
nahm den beim Volke verhaßten Königstitel nicht an; auch seine Nachfolger
behielten den Narrten Cäsar (Kaiser) bei.
Im 27. Jahre seines Kaisertums wurde Jesus Christus geboren.
§. 50. Innere ^Zustände, a. Gewaltig stand das römische Weltreich
da, und mit gerechtem Stolz mochten Geschichtsschreiber wie Cäsar, Livius und
Tacitns die Heldenthaten der Legionen und ihrer Führer aufzeichnen. Die Be¬
völkerung Roms war auf 2 Millionen gestiegen; Paläste, Tempel (400), Theater
und andere Prachtbauten schmückten die ungeheure Stadt. Prächtige Straßen
durchschnitten die weiten Provinzen; Tausende von reichbeladenen Schiffen durch¬
segelten die Meere. Die zahllosen Kunstwerke, die aus Griechenland geraubt
waren, sowie die Schriften der Griechen hatten den Siuu für Kunst und Wissen¬
schaft geweckt; für die Erziehung der Kinder kauften die Reichen gelehrte grie¬
chische Sklaven; um griechische Weltweise und Redner sammelten sich die römi¬
schen Jünglinge. — b. Aber die große Masse des Volks in Stadt und Land
wuchs ohne Unterricht aus, und erschreckend war der Gegensatz von Reichtum
und Armut. Cicero, der eine Million besaß, galt unter den Senatoren nur
für wohlhabend; des Crafsns Vermögen wurde auf 36 Millionen geschätzt, und
er nannte nur den reich, der aus dem Ertrag seiner Landgüter eiu Heer unter¬
halten konnte. Dagegen fand Cäsar in Rom 320 000 arme Bürger, denen freies
Brot aus der Staatskasse geliefert wurde; dadurch, daß er 170 000 in den Pro¬
vinzen ansiedelte, wurde nur vorübergehend eine Erleichterung gewonnen. In
ganz Italien war der freie Bauernstand verschwunden, und immer neue Scharen i
von Besitzlosen (Proletariern) wanderten nach Rom. Der Luxus der Reichen
überstieg alle Grenzen. Als Lukullus unerwartet Besuch von Pompejus und
Cicero erhielt, kostete das eilig hergestellte Mahl 30 000 dl. Das Theater des
Skanrns faßte 240 000 Menschen und war mit 3000 Bildsäulen geschmückt. —
c. Da auch der ärmste römische Bürger das Recht besaß, bei Besetzung der
Aemter, Erlaß von Gesetzen, bei Kriegs- und Friedensschlüssen seine Stimme ab¬
zugeben, so wandten die, welche zu hohen Stellen gelangen wollten, ungeheure
Summen auf die Belustigung und Bestechung des Volks. Cäsar ließ einmal !
320 Fechterpaare in silbernen Harnischen kämpfen; nach der Schlacht bei Thapsns
speiste er die armen Bürger an 22 000 Tischen unb ließ jedem über 4000 dl
auszahlen. — d. Unter dem äußern Glanze schwand die alte Tugend. Ehe¬
scheidungen waren etwas ganz Gewöhnliches; hochgestellte Frauen nahmen an
den Schwelgereien und öffentlichen Kampffpielen theil; die Kinder wurden den
Sklaven zur Erziehung überwiesen; die ausgezeichnetsten Jünglinge gingen in
dem zügellosen Leben zu Grunde. Das Volk ward zu Tausenden dem Ehrgeize
und der Rache der Mächtigen geopfert; die Sklaven bienten ben Fischen ber
Schwelger zur Speise. Alle Scheu vor einem höheren Richter war verfchwunben,
alle Laster hatten freie Bahn. Das war ber Zustaub ber Völker, als Jesus
Christus geboren würbe.