Full text: Aus Deutschlands Urgeschichte

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resten eines Menschen von außerordentlich rohem Körperbau zu tun 
hatte. Dom Schädel ist leider nur das Dach erhalten (Fig. 7). Ls 
ist niedrig und lang. Die Stirn weicht ungemein zurück. Über den 
Augenhöhlen wölben sich ein paar mächtige Knochenroülste. (Einen 
so rohen Menschenschädel hatte man überhaupt noch nicht gesehen. 
Huch die anderen erhaltenen Knochen zeigten Abweichungen vom 
Bau der heute lebenden Menschenrassen. 
1857 tagte in Kassel eine Versammlung von Naturforschern. 
Fuhlrott reiste mit seinen Schätzen hin und hielt einen Dortrag über 
die Entdeckung und Bedeutung des Fundes. Doch sonderbar, seine 
Morte machten auf die Gelehrten 
wenig (Eindruck. Man bewunderte 
zwar die ganz ungewöhnliche Bildung 
der Knochen, besonders des Schädels, 
glaubte aber nicht, daß der „Neander¬ 
taler" einer jetzt ausgestorbenen, un¬ 
gemein alten und urtümlich besonde¬ 
ren Menschenrasse angehöre. Fuhlrott 
konnte auf das hohe HIter des Fundes 
allerdings nur wegen der sonderbaren Form der Knochen schließen, 
war aber nicht imstande zu beweisen, daß dieselben aus der (Eis¬ 
zeit stammten. Man hatte ja nur einige Knochen des Skeletts ent¬ 
deckt, und die mußten durch das Regennasser von oben in die Grotte 
geschwemmt sein; denn der £}ohIraum war von außen unzugänglich 
und viel zu klein für die Bestattung eines Leichnams. So ent¬ 
standen über HIter und Herkunft des TTeandertalmannes die wider¬ 
sprechendsten Ansichten. Geheimrat Pros. Dirchow in Berlin hielt 
ihn für einen gichtbrüchigen Riten. Nach Blake sollte er ein blöd¬ 
sinniger Einsiedler mit Wasserkopf gewesen sein, nach Geheimrat 
Prof. Mayer in Bonn ein Kosak des russischen Heeres von 1814 usw. 
Fuhlrott aber blieb bei seiner Hnsicht. Hur wenige Naturforscher 
stellten sich auf seine Seite. Drei Jahrzehnte stritt man sich hin und 
her. (Es wurden über den Neandertaler so viele Bücher geschrieben, 
daß sie allein eine kleine Bibliothek ausmachen. 
Da kam 1886 aus Belgien die Nachricht von einem Funde, 
Fig. 7. 
Schädeldach des Urmenschen oont Neander- 
tal. (Nach M. Hoernes, Der diluviale 
Mensch, S. 199.)
	        
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