- 259 —
der ein Name, noch irgend eine Inschrift eingegraben, nur die
Kaiserkrone ist auf der halbrunden Fläche der Vorderseite ange¬
bracht. Was braucht es auch eine rühmende, lobpreisende In¬
schrift für diesen gütigsten Mann, der je aus einem Fürstenthrone
gesessen, was sollen üppige Wappenzierden und prunkende Sie¬
geszeichen am Gedächtnismale unseres alten, weisen Kaisers? —
Auch ohne Sieger- und Herrscherpracht bleibt er in unseren Her¬
zen und Gemütern leben als des jungen Deutschlands erster,
großer und gütiger Kaiser! — K. Lürtziug.
100. Kailerbeluche in Erfurt,
a) Besuch der Kaiserin flugufta.
Noch ehe Kaiser Wilhelm I. selbst einmal Erfurt mit seinem
Besuche beehrte, traf seine Gemahlin zur Besichtigung der „All¬
gemeinen Deutschen Gartenbau-Ausstellung" ein (September 1876).
Leider war es ein regnerischer Septembertag, an dem die
Kaiserin die festlich geschmückte Stadt unter Glockengeläute und
Kanonendonner durchfuhr. Die Schulkinder halten zur Begrüßung
in den Straßen Aufstellung genommen. Auf den Domstufen bil¬
deten die weißgekleideten und mit Blumenkränzen geschmückten
Schülerinnen der Mittelschule ein großes A, während die Knaben
die Zwischenräume füllten. Als aber der Wagen der Kaiserin
herankam, liefen alle in großer Freude die Stufen herunter, um
der hohen Frau ihre Huldigung darzubringen.
Beim Eintreffen auf dem Ausstellungsplatze, dem Nordab¬
hang der Friedrich Wilhelmshöhe, teilten sich die schweren Wolken¬
massen. Die Sonne brach machtvoll durch und bestrahlte das
Häusermeer der Stadt. Da konnte sich die Kaiserin nicht enthalten
auszurufen: „O, wie prächtig ist es hier! Und daß gerade jetzt
ein Sonnenblick die Gegend erhellt! Wie trefflich ist dieser Platz
für die Ausstellung gewählt!" —
Die zur Ausstellung benutzte Oertlichkeit wurde im Jahre
darauf in einen Park umgewandelt, welcher mit Zustimmung der
Kaiserin den Namen „Angnstapark" erhielt. Die in ihm aufgestellte
Säule, welche ein Adler krönt, ist ein Gefchenk der Kaiserin.
b) Kaiser Wilhelm I. in Erfurt.
Die Bekanntgabe des Besuches Kaiser Wilhelms I. in unse¬
rer Stadt versetzte die gesamte Bürgerschaft in helle Freude. Wohl
war der Kaiser als junger Prinz mehrmals mit seinem Vater in
Erfurt gewesen, auch hatte er in den Jahren 1831 und 1851 für
längere Zeit hier geweilt, aber seit dieser Zeit nicht wieder.
Schon lange vor dem 20. September 1883, dem Tage der
Ankunft, waren viele Hände tätig, die Stadt festlich zu schmücken.
Selbst der Aermste unterließ es nicht, sein bescheidenes Heim zu
17'