Full text: Bergers Erzählungen aus der Weltgeschichte

— 270 — 
den Bauern Frucht wie Vieh; schon die Saat mähten sie als 
Futter für ihre Pferde ab. Kein Wunder, daß viele Menschen 
Hungers starben, daß ekelhafte Tiere, selbst Aas und tote Men¬ 
schen gegessen wurden. Dagegen nahmen die Wölfe und anderes 
Raubzeug zu und halfen dem Krieg, die Menschen zu vernichten. 
Mehr denn der vierte Teil der Einwohner des Elsasses kam in 
dieser Zeit um. Viele Dörfer verschwanden vom Erdboden, und 
nur noch die Flurnamen oder alte Sagen erinnern hier und 
dort an ihr einstiges Dasein. 
XI. Werluste zur Jeil Ludwigs XIV. 
Ludwig XIV. erhielt durch den westfälischen Frieden Metz, 
Tull uud Verdun endgültig zugesprochen, ebenso den österreichischen 
Sundgau, das Amt eines Landgrafen im Ober- und Unter-Elfaß 
und das eines Landvogtes der zehn im Elsaß gelegenen freien 
kaiserlichen Städte. 
Das genügte aber Ludwig XIV. nicht; er wollte nicht nur 
Landgraf und Landvogt unter dem deutschen Kaiser fein, es sollte 
das ganze Elsaß französisches Gebiet werden. Freilich schaltete 
und waltete er jetzt schon im Lande, als ob er der Herr wäre. 
Aber noch immer stand der deutsche Reichsadler über den Rat¬ 
häusern, noch schwuren Rat und Bürgerschaft von Colmar all¬ 
jährlich am Schwörtage Treue dem Kaiser und dem Deutschen Reiche. 
Das währte in Colmar bis zum 17. August 1673. Als man an 
diesem Tage auf dem Münsterplatz wieder dem Kaiser schwören 
wollte,- ließ es der Stadtschreiber von Münster nicht zn und wies 
daraus hin, daß Ludwig XIV. solche Zeremonien und Gebräuche 
als Trotz ansfaffen könnte. Deshalb sah man davon ab, und die 
Bürgerschaft wurde nur auf den Znnftstuben an ihren altert Eid 
erinnert. Am 20. August kam der französische König über Rappolts¬ 
weiler gegen Colmar. Es war dem Rate von Colmar vorher er¬ 
öffnet worden, daß der König in keine Stadt einziehe, die nicht von 
feinen Truppen bewacht fei. Darum möchten die Colmarer ihre 
Truppen während der Anwesenheit des Königs einziehen. Auch 
begehre er, daß die großen Kanonen abgeführt und kein Schuß 
getan werde. Das wurde zugestanden. Am selbigen Abende 
rückten 700 französische Reiter in die Stadt und nahmen alle 
Schlüssel der Tore, Türme, Wachtstuben und Zeughäuser weg. 
Und am folgenden Tag rückten mehr als 12 000 Franzosen ein, 
und den Bürgern wurde bei schwerer Strafe geboten, alle ihre 
Waffen abzuliefern. Die Franzosen leerten die Zeughäuser und 
führten über 700 Stück schweres Geschütz, 4000 Flinten, viele 
Tausend Zentner Pulver und Blei nach Breisach. Dahin zog 
auch der Köuig; Colmar betrat er nicht. Daraus mußten die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.